Die gezielte
Unwetterinformation ist, zumindest in Europa, ein relativ junger Bereich in der Tätigkeit der Wetterdienste. Die weltweite Vorreiterrolle hatten in diesem Fall ganz klar die USA, auf deren mehrstufigen Warnkonzept die meisten heutigen Warnsysteme fußen. Das eine ist, einen solchen Warndienst (meteorologisch) zu betreiben. Dazu braucht man natürlich Daten, Modelle und Erfahrung mit dem regionalen Wettergeschehen. Als Betreiber eines solchen Informationsdienstes weiß ich darüber mittlerweile eine ganze Menge. Die andere Sache ist die Botschaft (modern Message) oder Intention die dahinter steckt. In der reinsten Natur der Sache soll der Nutzer solcher Informationen rechtzeitig vor potentiell gefährlichen Wetterereignissen informiert werden. Was sind bei uns in Mitteleuropa solche Ereignisse ?
Heftiger Regen: Die Folge können Überschwemmungen, Hangrutschungen und Muren sein.
Starker Schneefall: Lawinen, gefährliche Straßenverhältnisse, Nichterreichbarkeit ganzer Regionen, starke Beeinträchtigung der Infrastruktur
gefrierender Regen: Eisbruch, gefährliche Strassenverhältnisse
Gewitter: Heftiger Regen, großer Hagel, Sturm, Blitzschlag, Tornados
Sturm: Herabfallende Teile, umstürzende Bäume, gefährliche Strassenverhältnisse, Beeinträchtigung und Zerstörung der Infrastruktur
Diesen Phänomenen ist folgendes gemeinsam: relativ seltenes Auftreten, das heißt statistisch gesehen: am Rand der Häufigkeitsverteilung, direkte Schadens oder Gefahrenwirkung.
Natürlich kann das Wetter auch anders bzw. indirekt für Gefahrensituationen sorgen.
Häufige Phänomene: Nebel (Sichtbehinderung), Rauhreif (Glätte), Frost im Allgemeinen. Der Unterschied zu den oben genannten Phänomenen ist, dass die gerade bei uns sehr häufig auftreten und gerade im Winter Bestandteil des alltäglichen Wetterablaufes sind, man also damit rechnen muss. Davor zu *warnen* ist nicht im Sinne des Erfinders, denn der Anspruch auf Übernahme jeder wetterrelierten Eigenverantwortung im alltäglichen Ablauf is m.E nach Irrsinn.
Indirekte Phänomene: Große Hitze, lange Trockenheit, Dürre, Waldbrandgefahr.
Hitze führt zu verstärkten Kreislaufbelastungen, bei geschwächten Personen im Extremfall zu Kreislaufkomplikationen mit nicht auszuschließenden fatalen Folgen. Hitze in Kombination mit Trockenheit führt zu Dürre, Ernteausfällen, Wasserknappheit und erhöhter bis hoher Wald- und Flurbrandgefahr. Hier ist die direkte Wirkung des Wetters nicht gegeben, sondern eine Kombination mit im einen Falle angegriffener Gesundheit, in den anderen Fällen Vegetation, Bepflanzung und Bodenverhältnissen führt zu potentiell gefährlichen Ereignissen. Auch hier ist eine Deklaration als Unwetterinformation fehl am Platz.
Weniger ist mehr: Da die Reizüberflutung auf der einen Seite und Medienhysterie auf der anderen Seite heutzutage leider Betsandteile des alltäglichen Lebens sind, ist gerade bei der Unwetterinformation die Minimalvariante die Taktik der Wahl.
So wenig wie möglich
So viel wie notwendig
So früh wie vertretbar
Klar ist, dass man/wir als Dienstleister außerhalb der Kette staatlicher Wetterdienstleister mit diesen in einer Konkurrenzsituation stehen, doch gerade bei der Unwetterinformation ist *Früher als die anderen* und *höher als die anderen* reiner Schwachsinn. Die Qualität des Dienstes stellt sich am Ende des Tages aus anderen Komponenten zusammen.
Letztlich sind wir bei unserem
4-stufigen Warnschema gelandet, dessen Sinn sich aus unserer Sicht so darstellt:
Gelb: Eine Vorinformation. In nächster Zeit kann es zu markanten Wettererscheinungen oder Unwetter kommen, die genaue Zeitlichkeit oder regionale Ausprägung ist aber noch mit einer gewissen Unsicherheit versehen.
Orange: markantes Wetter. In der Regel geht hiervon keine Gefahr für Menschen oder Infrastruktur aus, einzelne Nischenbereiche können aber sehr wohl betroffen oder beeinträchtigt sein. Hier seien Kläranlagen, Erhalter kommunaler Kanalnetze, Seilbahnbetreiber etc. genannt.
Rot: Unwetter. Das Ereignis nimmt ein Ausmaß an, das potentiell Gefahr darstellt oder zu erheblichen Beeinträchtigung der Infrastruktur führen kann.
Violett: starkes Unwetter. Das Ereignis stellt in jeglicher Hinsicht Gefahr dar, und markiert Ereignisse die jährlich oder noch seltener vorkommen.
Dieses und anderes kann man nicht von Anfang an wissen und es steckt auch bei mir/uns ein langer Lernprozess dahinter. Gerade an dem Leitfaden bzw. der Philosophie hinter den Informationen hat sich vom Beginn des Dienstes 2004 bis jetzt einiges, und ich denke zum wesentlich besseren, gewandelt. Diesbezüglich ist es uns also relativ wurscht, was andere Dienste bewarnen oder nicht bewarnen. Lasset die Grabesstimmen aus den Autoradioboxen tönen: Dies ist eine Unwetterwarnung ... hm. Na vielleicht doch nicht. Dies ist eine Entwarnung .... Der Vergleich mit anderen ist nicht zielführend und nur allein die Tatsache, dass man besser ist als andere, hat keinen Wert, solange man nicht einen guten Service betreibt. Das Urteil fällen letztendlich nicht wir, aber ich bin da relativ optimistisch, dass unser Service gut ankommt....
Gruß
MS