Samstag, 3. April 2010

Vb-Tiefs: Nicht an jedem Sauwetter schuld

Oder warum es kein Vb-Tief ist, das uns den Ostermontag vergrausigen wird.

Über wenige andere Tiefs wird im Alpenraum soviel geschrieben wie über das Vb-Tief. Wobei der Singular hier für die Gattung steht. Wo viel geschrieben uund geredet wird, wird logischerweise auch viel Unsinn gesprochen. Werte Leserschaft, lasst Euch gesagt sein, echte Vb-Tiefs sind selten, sehr sehr selten. Ein *echtes* Vb Tief ensteht, verkürzt gesagt, an einer wellenden Kaltfront, wenn ein Trog mit seiner Achse über dem westlichen Europa liegt und der Alpenraum dem enstprechend in südwestlicher Höhenströmung. 

Irgendwo zwischen Marseille und Genua bemerkt man das Wellentief zunächst an einen abgeschlossenen Bodentief, dieses zieht dann über Norditalien und Slowenien/ Nordkroatien rasch über Ungarn weiter, die Slowakei passierend nach Polen und zur Ostsee.

Ich hab eigentlich keine Erinnerung mehr daran, wann diese Situation sich im Alpenraum zuletzt eingestellt hat. im Zuge der Passage eines Vb-Tiefs, das mit viel Regen im Osten und Süden, aber auch Stauniederschlägen an der (östlichen) Alpennordseite verbunden ist, bleibt der Trog in 500 hPa meist offen und man findet nur eine sehr geringe Anzahl abgeschlossener Isohypsen mit 4 gpdam (geopotentielle Dekameter, haha) Isohypsenabstand auf den Höhenwetterkarten.

Sehr oft, wie z.B im Fall von Daisy, hat ein Tief, das südlich der Alpen vorbeizieht eine sehr viel längere Geschichte. Daisy sah Gibralter und Marokko...

Im Fall der der verheerenden Hochwassertiefs im Juli 1997, August 2002 und August 2005 (auch Juni 2009 .. !) waren es auch keine Vb-Tiefs, sondern Systeme von weit nach Süden abtropfenden, sich also von der Frontalzone abschnürenden Trögen, auch abgeschlossene Höhentiefs genannt. Diese haben keinen Gattungsnamen, sind aber im Gegenzug die Hochwasserbringer schlechthin, waährend Vb-Tiefs aufgrund ihrer recht großen Zuggeschwindigkeit zwar mit intensiven Regen- oder Schneefällen verbunden, die aber selten länger als 18 oder 24 Stunden anhalten, also kaum für markantes Hochwasser sorgen können.

Prognosetipp: Sieht man im Zeitraum Mai-September auf der 500-er Karte einen Trog über Mitteleuropa abtropfen, der sich in der Folge kaum noch bewegt, ist Vorsicht geboten ...

Auch das Teil morgen bzw. am Montag ist kein Vb-Tief, die Welle ist schon jetzt existent und befindet sich über Südspanien.




Tatsache ist jedenfalls, dass bei der Entstehenung von Vb-Tiefs der Riegel der Alpen, der punktuell bis nahezu 4900m Höhe in die Strömung ragt, eine entscheidende Rolle spielt. Welche genau, das kommt auf das Betrachtungsmodell an...

Im einfachsten Modell blockieren die Alpen das Fortschreiten der Kaltluft hinter der aus West durchziehenden Kaltfront in tiefen Schichten, während die Kaltluft im Westen (Rhonetal) und im Osten die Alpen umströmend schon in den Mittelmeerraum strömen kann. Auch in der Höhe kann die Kaltluft schon voranschreiten, man bekommt eine Situation aus Labilität und hoher horizonatler Baroklinität (Temperaturgegensätze), ideal um gemäß Omegagleichung für Aufsteigen, Zirkulation und Druckfall zu sorgen. Vorticity wird auch fleißig produziert...

Das selbe kann man ins IPV Thinking umsetzen, eine Betrachtungsweise, die atmosphärische Bewegungsformen mit Anomalien der isentropen potentiellen Vorticity und der Anomalien (Abweichungen) in Zusammenhang bringt.

Die IPV enstammt nach dem Ertelschen Wirbelsatz der Suche nach DER Erhaltungsgrösse bei synoptsichen Prozessen schlechthin. Erhaltung es Drehimpulses kombiniert mit der Erhaltung der Entropie... viel mehr geht nicht.

Die IPV-Gleichungen interpretierend läuft es darauf hinaus, dass bei trockener über feuchter Luft, trocken neben feucht, warm neben kalt, zirkulations- und antriebstechnisch die Hölle los ist. Die Umströmungsvorgänge um die Alpen bringen hier noch dazu gehörig Vorticty, also Drehung mit ins Spiel.. Qualitativ kann man sich das schon gut vorstellen, warum sich bei Genua was tut.... wie gesagt allerdings , viel seltener, als man eigentlich tatsächlich davon hört.

Dem meist warmen Mittelmeer kommt bei diesen Zyklogenesen eine Rolle zu, die etwas zu hoch eingeschätzt wird, ähnliches kann z.B im Lee der Rocky Mountains ohne Meerespräsenz auch geschehen, der Mechanismus ist ähnlich, das warme Mittelmeer bringt , sagen wir, noch zusätzlichen Pfeffer in die Angelegenheit.

Die IPV jedenfalls ist kein einfacher Tobak, weil die Anschaulichkeit in hohem Maße verloren geht, aber jeder, der mal die abartige und beinahe ausnahmslose Kongruenz von IPV-Feldern mit Strukturen auf dem Satellitenbild inhaliert hat, schätzt sie und quält sich durch die Ableitung.

Die Botschaft des Tages der Gesellschaft zur Rettung des Rufes der Vb-Tiefs lautet also, dass sich am Montag kein solches einstellt.

In diesem Sinne, frohe Ostern

Manfred

4 Kommentare:

  1. In den vergangenen Tagen sah es noch danach aus, dass das angesprochene Tief recht ergiebige Niederschläge im (Ost-)Alpenraum bringt. Diese wurden nun sukzessive abgeschwächt, was auch mit der kürzeren Verweildauer des Tiefs nahe der Alpen zusammenhängt.

    Den Grund dafür sieht man sehr schön auf dem Atlantik, dort entwickelt sich nordwestlich der Britischen Inseln ein komplexes, zuvor aus mehreren Tiefkernen bestehendes Sturmtief, das führt zum Geopotentialaufbau über Mitteleuropa und drängt das angesprochene kein-Vb-Tief-sein-wollendes Italien-Balkantief rasch nach Osten ab. Je stärker die Sturmtiefentwicklung, desto rascher dieses Abdrängen und entsprechend kürzer und schwächer die Auswirkungen auf den Alpenraum.

    Gemäß meines subjektiven Eindrucks unterschätzen die Modelle oft diese "stromaufwärtige" Entwicklung und verkürzen mit näherrückendem Zieltermin die Verweildauer potentiell niederschlagsträchtiger Tiefdruckgebiete im Alpenraum. So hat sich schon manche drohende Hochwasserlage in Wohlgefallen aufgelöst...

    In diesem Sinne, föhnige Ostern

    Felix

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  2. Hm.. das Ei ist an sich schon sehr kräftig, nur etwas zu südlich um uns richtig kräftig zu betreffen, denn südlich genug dass AT in der Höhenströmung in der Keilachse vor dem abtropfenden Höhenei zu liegen kommt... schirch wirds so und so, majore Ereignisse stellen sich aber nicht ein

    Lg und FO

    Manfred

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  4. Ceterum censeo Felicem esse consentindum. Upstreamdev. ist ein mächtiges Werkzeug, das die Modelle aber an sich beherrschen sollten. Es ist oft so, dass sich stromab entwicklender Keile (und der wird durch die WLA des anegsprochenen Sturmtiefs gestützt) die resttröge unter Atropfen nach Süden vertschüssen, und in diesem Fall von uns weg.

    Lg

    M.

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !