Dienstag, 9. November 2010

Luftdruck*Rekord* geknackt, Verhinderter Sturm am Freitag ?

Hallo,

unbemerkt von allen wurde gestern Abend die Luft sehr dünn. Blogkollege Clemens errechnete in seiner gestrigen Meldung, dass uns gegenüber *normalen* Verhältnissen (reduzierter Druck um die 1013 hPa) rund 2% weniger Sauerstoff pro Atemzug zur Verfügung standen .... so sah die Situation um 21 Uhr aus:



Tatsächlich sank der reduzierte Druck im Norden und Osten Wiens, am Wagram und in Teilen des Weinviertels auf unter 980 hPa. Zentrum der Luftlosigkeit war Wolkersdorf im Weinviertel mit einem Minimaldruck von 978,4 hPa. Dies war die Geburtsstunde eines kleinen Wellentiefs, das danach weiter nach Tschechien zog.

Damit ist es offiziell, dass zumindest an den TAWES und UBIMET-Stationen die Werte von Jänner und März 2009 und März 2008, sowie Dezember 1999 unterboten wurden. Wann der Druck davor noch tiefer war, weiß ich beim besten willen nicht, das ist dann etwas für Staubliebhaber ;)

Sturmtief Becky, vor Westfrankreich, übergeordnet für die Luftlosigkeit verantwortlich sieht mittlerweile ziemlich frontenlos (zahnlos :D) aus:


.. und wird sich in den kommenden Tagen beim Weiterzug nach Osten allmählich entleiben. Etwas kaum schneebringende Kaltluft für ein paar Berge am Mittwoch und das war's.

Das nächste Sturm bzw. Orkantief für das Europäische Wettergeschehen steht aber schon bereit:


In einer etwas eigenartig aussehenden Konstellation hat sich an einer Frontalzone über der Ostspitze von Labrador vor wenigen Stunden eine offene Welle gebildet. Der Kringel vor Kanada ist ein im wesentlichen mit Kaltluft aufgefülltes Höhentief. Die angesprochene Welle macht sich rasch unter Vertiefung auf nach Osten:





Und kommt am Freitag mit einem Kerndruck von unter 960 hPa über der Nordsee an. Anders als Becky schlägt dieses Ei eine deutlich nördlichere Zugbahn ein, an seiner Südflanke befindet sich ein massives Sturmfeld, zu erahnen an der Isobarendrängung.



Der Höhenwind nimmt dabei auch über den Alpen mächtig zu ...


Die Isobarendrängung sucht Ihresgleichen ...

Aber halt .. Am Boden gerade über Österreich nur ein laues Lüfterl ? Wie kommt's ?

Lasset mich erklären... der Weststurm im nördlichen Alpenvorland ist ein sensibles und fragiles Wesen. Sobald der Wind nur ein ganz klein wenig von West Richtung Westsüdwest oder gar Südwest dreht, reisst er ab. Das liegt im Wesentlichen am Alpennordkamm. Stürmisch ist es dann nur auf den bergen sowie im Wald- und Mühlviertel, dafür aber aber ordentlich. Merkregel: Für Weststurm braucht man über Salzburg höheren Druck als über Wien. Ist der Druck in etwa gleich, so wie in diesem Fall, wird es nichts.

Zweiter Grund: In der Höhe wird es massiv wärmer, das stabilisiert.

Dritter Grund: Durch den Druckfall von Nordwesten her, gibt es so etwas wie den *Isallobarischen Wind*. Den gibt es wirklich ! Er kommt zu Stande durch die unterschiedliche Verteilung und Intensität von Druckfall- und steiggebieten. In unserem Fall sorgt er am Freitag davor, dass der Wind noch ein bisschen mehr auf Südwest dreht, als eigentlich notwendig.

Wie gesagt, die Gschicht ist sensibel. Bleibt die Lage ähnlich, aber zieht das Tief nur ein klein wenig anders und der Druck im Westen von Österreich ist etwas höher als im Osten, dann bekommen wir einen so genannten Warmsektorsturm vom Feinsten. Die Temperaturinformation für den Freitag steckt übrigens im Wort *Warmsektorsturm* versteckt.

So oder so, Deutschland wird es ziemlich sicher erwischen .

Lg

Manfred

3 Kommentare:

  1. Hallo manfred!

    danke wieder mal für die verständliche, interessante Erklärung.
    Nur das mit dem "isallobarischen" Wind versteh ich net`ganz ;)

    lg

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  2. Hallo Ano ;-)

    Der Isallobarische Wind ist ein dynamisches Phänomen. Gemeinhin nimmt man ja an, dass der Wind parallel zu den Isobaren weht. Genaugenommen gilt das aber nur wenn

    die Isobaren ganz gerade verlaufen
    es keine Reibung gibt
    und sich die Isobaren auch zeitlich nicht ändern also konstant bleiben.

    Das nennt man den geostrophischen Wind. Im wahren Leben gibt es dann eben Ablenkungen durch krumme Isobaren, die Reibung und die zeitliche Änderung des Druckfeldes. Man kann berechnen:

    Hat man Westwind, fällt der Druck jedoch westlich von der Position stärker als östlich, so bekommt der Wind eine Südkomponente dazu und aus dem Westwind wird ein Südwestwind, der die Isobaren kreuzt. Diese Südkomponente ist dann der Isallobarische Wind.

    Lg

    Manfred

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  3. aha, wieder was gelernt - danke ;)

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !