Hallo,
ich denke ich sollte zu dem Kommentarwechsel zum letzten Posting (Warm- oder Kaltfront) noch ein bisschen was klarstellen.
A) Ich wollte hier sicher nicht *patzig* sein, das liegt mir nicht.
B) In der Wissenschaftlichen Diskussion können Kontroversen stehen bleiben, da es, und da hab ich den Begriff *Veritas* nicht richtig verwendet, hier nicht um Wahrheit geht, sondern darum, ob es verschiedene Moden eines Phänomens geben kann bzw. man diese zulässt. Meine Mitdiskutanten haben keine Moden zugelassen. Für mich sind verschiedene Moden beim Frontbegriff sicher vorhanden, und in dem Modus, den ich wähle und hier im Blog immer gewählt habe, handelt es sich um eine Warmfront. Man ist ja nicht im missionarisch unterwegs.
C) Es kommt auf das Wesentliche an. Ob es entlang der Front kleiner Wellen gibt ist für mich in der Betrachtung irrelevant. Auf der synoptischen Skala kommt es für mich darauf an, ob der Bodendruck (oder das Geopotential) entlang der Front netto fällt oder steigt, bezogen auf die Luftmassenverteilung. In dem Fall kann man sehen, dass der Druck nach Norden hin netto steigt, bis weit nach Russland hinein, deshalb Warmfront. Würde er netto fallen, wärs eine Kaltfront, wie die Mitdiskutanten meinten. Das man mit einem kleinen Zeichenprogramm nicht genau den Tiefdrucktrog nachfahren kann, und daher die Front manchmal ein bisschen ins Hoch, manchmal ein bisschen Tiefs rutscht, sind Peanuts, und der daraus resultierende Vorwurf, ich wüsste nicht, wann Fronten umzukehren sind, ist ein bisschen witzlos, fällt aber sicher unter Weihnachtsamnestie.
Zum Abschluß schenke ich der Leserschaft eine Weihnachtswarmfront :-)
So long
Manfred
Alle Jahre wieder kommt die Weihnachtswarm/kalt/front. ;)
AntwortenLöschenIch wünsche Dir einen guten und problemlosen Flug in den Sommer Australiens.
Servus, Michaela
Wenn man das Tief als Bjerknes'sche Zyklone begreift, würde ich vom Berchtesgadener Land südwestwärts die Warmfront als Okklusion zeichnen ;), als Shapiro-Keyser-Viech ist es für mich durchaus nachvollziehbar, hier eine riesige Warmfront zu zeichnen, klassisch mit der Kaltfrontlücke zur Warmfront.
AntwortenLöschenIch wünsche möglichst entspannte Weihnachten und einen witterungsstörungsfreien Flug :-)
Servus,Felix
Meine Oma hätte gesagt: "Wie's kommt, so kommts." :)
AntwortenLöschenIch wünsche Dir, Manfred, und Deiner Leserschaft ein fröhliches Weihnachsfest und erholsame Feiertage!
Viel Spaß auf der anderen Seite der Erde!
Lieben Gruß, Sabine
Hallo Manfred,
AntwortenLöschenIch genieße unsere kleinen Dispute ebenfalls! ;) Dissens war noch immer der beste Weg zu Erkenntnisgewinn, von daher profitieren wir sicher beide davon (und hoffentlich auch die Leserschaft, sofern sie nicht schon ausgestiegen ist). Ich stimme dir auch zu, dass wir einander nicht überzeugen und "missionieren" müssen.
Nachdem du schon den guten Max Margules (RIP) bemüht hast: Im Margules'schen Sinn ist eine Frontfläche die Diskontinuitätsfläche zwischen zwei unterschiedlich gearteten Luftmassen. Die Frontlinie ist also die Schnittlinie der Frontfläche mit der Erdoberfläche (oder meinetwegen auch mit einer beliebigen anderen gedachten Fläche wie dem 850hPa-Niveau). Verschiebt sich diese Frontlinie in Richtung der warmen Seite, ist es eine Kaltfront. Verschiebt sie sich in Richtung der kalten Seite, ist es eine Warmfront. Gerade die Margules'sche Frontentheorie lässt also überhaupt keinen Spielraum für deine Argumentation.
Gleichzeitig sind wir uns vollkommen einig darin, dass die relativen Bewegungen der Luft für die Wettererscheinungen verantwortlich zeichnen. Gleitet Warmluft auf Kaltluft auf, dann bildet sich nun einmal der typische Wolkenschirm und gleichmäßige Niederschlag. Gleitet diese Warmluft nur "relativ" auf, weil sie selber recht unbewegt daliegt und von einem Kaltluftkeil unterlaufen wird, dann ist das Resultat das gleiche. Und trotzdem ist es, gerade im Margules'schen Sinn und auch nach meiner Argumentation, dann eine (Ana-)Kaltfront, weil eben am Boden die Kaltluft vordringt. Die Wettererscheinungen an einer Ana-Kaltfront sind identisch jenen an einer Warmfront, nur werden sie eben invers durchlaufen. Ja, die Relativbewegung macht die Wettererscheinungen. Aber der Beobachter am Erdboden merkt, dass sich die Kaltluft durchsetzt, und nein - hier muss ich dir widersprechen - er sieht nicht "zu wenig". Er sieht durchaus das Wesentliche, was passiert.
Du argmuentierst so, also würden die Fronten gemäß dem vorhandenen Bodendruckgradienten wandern, und wenn die von einem Zeitschritt zum nächsten beobachtete Verlagerung nicht mit der erwarteten übereinstimmt, dann kommt halt wie ein "deus ex machina" der Grundstrom ins Spiel, der die Luft und damit auch die darin befindlichen Fronten von Westen nach Osten "schiebt". Diese Darstellung ist zu einfach und erweckt falsche Eindrücke. In Wahrheit ist der Grundstrom (1) immer da, oft sogar wesentlich stärker als diesmal, ohne Fronten entgegen ihre "vorgesehene" Bewegungsrichtung zu zwingen, und schlägt sich (2) in jedem Niveau im Druck- bzw. Geopotenzialfeld nieder, ist also implizit bereits in den jeweiligen Windfeldern und damit auch in der Frontenbewegung enthalten, kann also nicht nachträglich nochmals argumentativ angewandt werden.
In deiner Frontenlegung identifizierst du eine Luftmassengrenze (=Front) aufgrund des Energiegehaltes der Luftmassen im 850hPa-Niveau und verwendest dann das Bodendruckfeld, um festzustellen, wie sich diese Luftmassengrenze verlagert, ob sie an einem bestimmten Ort also gerade warm- oder kaltaktiv ist. Das ist die standardisierte Vorgangsweise in der Synoptik und liefert in vielen Fällen sicher auf einfache Weise plausible Ergebnisse. Und doch zeigt gerade dieser aktuelle Fall schön auf, dass sich in komplexen Situationen die Diskrepanz, zwei verschiedene Höhenniveaus heranzuziehen, zu Inkonsistenzen führen kann. Da ja im Süden im Allgemeinen wärmere Luft lagert als weiter im Norden und die Schichtdicke somit höher ist, verschiebt sich ein auf Meeresniveau erkennbarer Tiefdruckkern in höheren Niveaus im Allgemeinen weiter nach Norden. Zudem können (seichte) Tiefs an der Erdoberfläche im 850hPa-Niveau gar nicht mehr sichtbar sein, und andersherum im 850hPa (seichte) Tiefs auftauchen, die auf Meeresniveau nicht existieren. Kurz und gut: die Strömungsverhältnisse können zwischen diesen beiden Niveaus anders sein oder sich sogar umkehren.
(Fortsetzung)
AntwortenLöschenIm vorliegenden Fall der "Weihnachtswarmfront", mit der du uns beschenkt hast ;), ist der Tiefkern in Oberitalien dominant genug, dass er auch im 850hPa-Niveau noch erscheint. Gerade in jenem Abschnitt der Front, der von Österreich bis nach Polen reicht, sind die Luftdruckgegensätze allerdings bereits auf Meeresniveau so schwach, dass sie sich in 850hPa durchaus schon umkehren und deine Warmfront, schwupps, in eine Kaltfront verwandeln können, womit sie konsistent mit der Wahrnehmung eines Beobachters am Boden wird.
Hier mal als Beispiel die äquivalentpotentielle Temperatur in 850 hPa zusammen mit dem Windfeld im selben Niveau in der BOLAM-Vorhersage (nicht, weil ich dieses Modell für besser halte, sondern weil es archiviert wird und daher gut verlinkbar ist):
http://www.meteoliguria.it/mappe/BOLAM/BOLAM21/2010/20101223/bo21ar_THETAE+winds@850_2010122406.png
Hier sieht man, dass über dem Baltikum, Polen und Ostdeutschland unzweifelhaft die Warmluft vorstößt, während über BaWü und Bayern ebenso unzweifelhaft die Kaltluft auf dem Vormarsch ist. Ausgehend vom Geopotenzialfeld in diesem Niveau anstatt des Luftdruckes auf Meeresniveau müsste man also einen seichten Tiefkern über Sachsen und dann eine Kaltfront südwärts nach Bayern zeichnen, bevor sie dann über Westösterreich in die sehr rudimentäre Warmfront des weitgehend okkludierten Oberitalientiefs mündet, deren Okklusionskopf sich an den Alpenbogen anschmiegt (ab hier wieder Zustimmung mit deiner Analyse). Geht man davon aus, dass das 850hPa-Niveau im Winter wegen der oft abgekoppelten Grenzschicht ein besserer Ratgeber für die Frontenlegung ist als der Boden, dann wäre unser scheinbarer Widerspruch also bereits schön aufgelöst.
Bis hierher habe ich, ebenfalls in freundlichster Heftigkeit ;), meine Argumentation verteidigt. Nun kommt ein Punkt, der gewissermaßen doch noch einen Konsens herstellt. Du hast in deinem Beitrag bereits geschrieben: "Mit dem Trog zieht natürlich auch das frontogenetische Feld und das Forcing (Hebung) an seiner Vorderseite weiter nach Osten, und nimmt auch die Frontalzone auf seine Reise mit." Das stimmt natürlich und das habe ich bisher vielleicht zu wenig beachtet: Es gibt selbstverständlich nicht nur horizontale Bewegungen, sondern auch vertikale, wie eben das erwzungene Aufsteigen an der Vorderseite eines Troges. Eine erzwungene Hebung des gesamten eindringenden Kaltluftkeils kann also durchaus auch die Front im 850hPa-Niveau scheinbar in Richtung der warmen Seite verlagern, selbst wenn der horizontale Wind dagegen arbeitet. Gerade im vorliegenden Fall einer extrem flach geneigten Front scheint es sogar sehr plausibel zu sein, dass sich die Front durch die überlagerte Hebung insgesamt nach Osten verlagert, ohne dass es mit horizontalem materiellem Transport kälterer Luft verbunden wäre.
Das führt nun in ein Dilemma: Erlaubt man also eine "rückwärts ziehende" Warmfront, wie du es tust? Oder bezeichnet man sie als Kaltfront und nimmt in Kauf, dass das Geopotenzialfeld in einem bestimmten Niveau diese Verlagerung scheinbar nicht unterstützt? Puh, dafür fällt mir auch keine Lösung mehr ein... ;) Umgehen könnte man es wohl nur, wenn man ausschließlich die Erdoberfläche statt dem 850hPa-Niveau für die Frontenlegung heranzieht, da der Erdboden ja die natürliche untere Grenze für jegliche Vertikalbewegung darstellt - allerdings müsste man in Kauf nehmen, dass die Fronten dann (insbesondere im Winter) oft von Kaltluftseen und sonstigen Grenzschicht-Phänomenen bizarr verzerrt und verschleiert werden. Jedenfalls stößt die Margules'sche Betrachtungsweise, so großartig sie für ihre damalige Zeit war, an ihre Grenzen, sobald Vertikalbewegungen ins Spiel kommen. Gut, dass es inzwischen Besseres gibt und gut, dass die Atmosphäre sowieso Diskontinuitätsflächen durch Diffusionsprozesse zu verschmieren trachtet und somit auch für uns Meteorologen genug Interpretationsspielräume belässt! ;)
Guten Flug und schöne Weihnachtsfeiertage!
Georg