Vorab, das ist der letzte Eintrag bis voraussichtlich Samstag, ich bin morgen und am Freitag dienstlich in Bukarest und da werd ich nicht viel zum Bloggen kommen... wie dem auch sei...
Hallo,
weil's so spannend ist, heute vielleicht mehr eine Bildergeschichte denn eine Einzählung...
die aktuelle Lage:
Quer über dem nördlichen Mitteleuropa liegt eine kräftig ausgeprägte Frontalzone, die polare von subtropischen Luftmassen trennt. Man sieht die Luftmassenunterschiede sowohl in den Modellfeldern (äquivaltenpotentielle Temperatur in 850 hPa) als auch in den Bodenbeobachtungen der Äquipot.
Im windschwachen Österreich sind diese Luftmassenunterschiede durch eine flache aber kräftige Inversion maskiert.. es sieht einigermaßen kalt aus, ist es aber nicht:
Im Moment zupft der Südwestwind nur im Bezirk Radkersburg, es ist davon auszugehen, dass sich die Frühlingsluft im Lauf des Tages noch einmal etwas nach Norden über Teile des Burgenlandes legen wird. Das wars dann aber mit dem milden Intermezzo... den der kalte Teil der Frontalzone kommt Richtung Donnerstag behende nach Österreich voran, und der Wechsel wird markant:
Beginnend von etwa 3 Uhr in der Nacht an wird die Kaltluft ganz Österreich bis Donnerstag Nachmittag überfluten. Da die Kaltluft dermaßen schnell hereinkommt, kann man sich schon ausrechnen, dass das turbulent verlaufen wird, betroffen vor allem der Alpenostrand:
Die Kaltluft umströmt den Alpenostrand und wird dabei vom Wiener Becken Südwärts kanalisiert und dynamisch beschleunigt, was zu einem lokalen Windmaximum zwischen Schöckl und Geschriebenstein führen wird. In diesem Streifen erwarte ich an Orten, vor allem an solchen die entweder erhöht oder in nach Norden ausgerichteten Tälern und Gräben liegen, einzelne Böen über 100 km/h, auf den Bergen bis zu 130, 140 km/h (Hochwechsel, Schneeberg, Geschriebenstein). So sieht das in der Stromlinienanimation aus:
Mit dem Eintreffen der Kaltluft sinkt zudem die Schneefallgrenze rasch bis in tiefe Lagen.
Nachdem im Nordstau bis Freitag Abend schon einiges an Neuschnee fallen wird, dreht sich das Karusell ab Samstag mit hoher Rotationsgeschwindigkeit weiter.... eine Warmfront erreicht die Alpennordseite, in der Folge setzt nur kurz mildere Luft durch, bevor ab Sonntag in mehreren Staffeln zum Ende hin arktische Luftmassen den Alpenraum erreichen werden:
.. und jede davon hat Neuschnee für die Alpennordseite, weniger für den Osten, ganz wenig für den Süden dabei....
Die Ensembles sprechen für die nächsten 7, 8 Tage eine recht eindeutige Sprache:
Ob in der Kaltluft dann noch Neuschnee drin ist, wage ich nicht zu beantworten , es kann dan prinzipiell nur über Tiefentwicklungen an der Periferie des Kaltluftkörpers über dem Mittelmeer laufen... oder über einen Nachfolgetrogvorstoss aus Norden ...
Schönen neblig-milden Feiertag ;-)
Lg
Manfred
Hallo Manfred!
AntwortenLöschenIch möchte noch an die gestrige Gewitter-Diskussion anknüpfen. In den frühen Morgenstunden des Freitags ist so ein "Ding" in die Nordwestströmung eingelagert, das das klassische Setup für ein Wintergewitter in Wien liefern würde. Dieses "Ding" kann man entweder als Welle oder als Komma bezeichnen.
Für die Welle spricht, dass die Luftmasse auf seiner "warmen" Seite einen langen Weg über die Nordsee zurückgelegt hat und daher bodennah erwärmt und angefeuchtet wurde, wogegen an seiner "kalten" Seite fast unmodifizierte polare Kaltluft aus Skandinavien heranströmt, und dass diese unterschiedlichen Wege einen neuen Luftmassengegensatz in einer zuvor einheitlichen Kaltluftmasse schaffen. Für das Komma spricht eben genau das, dass diese Entwicklung in einer zuvor einheitlichen (Kalt-)Luftmasse stattfindet und der darüberlaufende Kurzwellentrog den wichtigen Hebungsimpuls liefert.
Mit heutiger 00-UTC-Ausgangslage lassen die meisten Modelle den kaltaktiven Schenkel dieser Welle / dieses Kommas in Wien am Freitag gegen 03 UTC (+/- ein paar Stunden) durchziehen. Der neue GFS-Lauf hat es um etwa 6 Stunden nach hinten verschoben und weiter verschärft - sogar CAPE (>100 J/kg) und Lifted Index (<0!) liefern hier deutliche, ja für den Winter sogar geradezu extreme Signale.
Dein gestriges Argument, dass die Kernmasse der kältesten Höhenluft Österreich verfehlt, kann ich nicht teilen. Im Kern der kältesten Höhenluft hat man praktisch keinen erzwungenen Antrieb für Aufsteigen, sondern müsste sich auf "freie Konvektion" verlassen - das funktioniert im Winter am Kontinent (noch dazu bei der derzeitigen Schneebedeckung) nicht. Die Musik spielt an den Rändern der kältesten Höhenluft, wo die Hebungsantriebe der durchziehenden Kurzwellentröge und deren beteiligte Temperatur-/Feuchteadvektion die Bedingungen für stark "erzwungene" Konvektion schaffen können. Speziell auf diesen Wiener Fall bezogen, muss auch die NW-Strömung ausreichend stark sein, um zusätzliche orografische Effekte (über die ich nur mutmaßen kann) zu triggern, die zu diesem lokalen Maximum an Wintergewittern genau im Wiener Raum führen.
Gestern hatte nur die GFS-Modellfamilie eine solche Welle / ein solches Komma drin (wenn auch deutlich später für den Freitag Mittag), während die ECMWF und UKMO-Familie kaum Signale lieferten. Mit der heutigen Ausgangslage würde ich ein Wintergewitter in Wien am Freitag Morgen für ziemlich wahrscheinlich halten - "ziemlich wahrscheinlich" heißt in diesem Fall: eher ja als nein.
Hoffentlich bewahrheitet sich die spätere GFS-Lösung, denn ich schlafe meistens recht fest. ;)
Hat mich bloß gewundert, dass du diese Entwicklung mit keinem Wort erwähnt hast. Nicht gesehen oder bloß für unwichtig befunden? ;)
Viele Grüße und schönen Feiertag,
Georg
Georg ich bin auch deiner Meinung. Als Gewitterjäger freue ich mich schon sehr auf die Morgenstunden am Donnerstag. Daumen drücken, denn es kann passieren, dass die Gewitter dann nicht Wien treffen.
AntwortenLöschenPaul, ich sprach allerdings von den Morgenstunden des Freitags! ;)
AntwortenLöschenFür den Kaltfrontdurchgang am Donnerstag sehe ich nicht mehr als ein paar Regen- und Schneeschauer und viel Wind.
Georg
Hallo Georg,
AntwortenLöschenich hatte das *Komma* gestern schon gesehen, und wir haben das Ding in unserer WB schon gestern behandelt, allerdings schreibe ich nicht immer alles was ich sehe hier hinein, sonst würd ich ja nur Wetterberichte verfassen.
Aller Firness halber muss man auch sagen, dass die heutigen GFS Modelläufe, wie du wahrscheinlich gesehen hast, anders als die gestern sind, dahingehend, als dass heute doch die -40 in 500 über Ostösterreich ankratzen, während gestern, als ich das Post verfasst habe, die minus 30 das Thema waren. Und aufgrund der gestrigen Lage waren Gewitter nahezu ausgeschlossen. Mixed Cape lagen bei 0, der LI bei 14. Mit noch soviel erzwungener Hebung wäre da kein Gewitter gelungen.
Nach heutiger Sicht gibt es sowohl die Chance auf einzelne Frontgewitter am frühen Donnerstag, vor allem nach Süden hin, und Wintergewitter im Bereich der kältesten Höhenluft Freitag Vormittag.
Lg
Manfred
Hi nochmal @Georg,
AntwortenLöschenda hab ich ja quasi vergessen auf das wichtigste zu antworten ;). Ich weiß auf welche Strukturen du bei kräftiger Nordwestströmung über Ostösterreich anspielst, diese Konglomerate sind ja besonders über dem Wienerwald und bei der Straßenmneisterei im Wechselgebiet äußerst beliebt. Dass man keine vom Boden ausgehende *tiefe* Konvektion im Winter, außer über See, erwraten kann, ist klar, dennoch sind so gut wie alle Fälle von kräftigen Wintergewittern über dem Kontinent mit einem Temperaturunterschied zwischen 850 und 500, welche ich ja zitiert habe, von 30 Grad plus minus ein bisserl was, verbunden. Und wenn es dazu noch Querwalzer spielt, umso besser.
Lg
M.
Georg ich finde dass die Zeichen für Frontgewitter am Donnerstag nicht schlecht sind. Auch wenn ich dir zustimme dass es am Freitag was geben könnte, denke ich die Gewitter wird es eher am Donnerstag geben. Warten wir mal ab. Ich hoffe auf beide Tage mit Gewittern. Das wäre super.
AntwortenLöschenhallo paul,
AntwortenLöschenwenn du slowenien, kroatien und serbien mit den Frontgewittern morgen meinst, geb ich dir recht ;)
Hallo Manfred,
AntwortenLöschen> ich hatte das *Komma* gestern schon gesehen,
> und wir haben das Ding in unserer WB schon
> gestern behandelt, allerdings schreibe ich
> nicht immer alles was ich sehe hier hinein,
> sonst würd ich ja nur Wetterberichte
> verfassen.
Also für unwichtig befunden! ;) Kein Problem damit. Natürlich darfst du in deinem Blog schreiben, was du möchtest, und auslassen, was du möchtest. Ich bin ja auch nur aufgrund der schon vorhandenen Diskussion im Kommentarteil darauf eingegangen.
> Aller Firness halber muss man auch sagen,
> dass die heutigen GFS Modelläufe, wie du
> wahrscheinlich gesehen hast, anders als die
> gestern sind, dahingehend, als dass heute
> doch die -40 in 500 über Ostösterreich
> ankratzen, während gestern, als ich das Post
> verfasst habe, die minus 30 das Thema waren.
Klar, eben genau darauf wollte ich hinweisen!
Von Mittwoch (als ich meinen Beitrag schrieb) auf Donnerstag hat sich der Trend dann weiter fortgesetzt, dass der Ausbruch der hochreichenden Kaltluft noch früher und noch weiter westlich erfolgen würde. Folgerichtig sind die Schneegewitter gestern Abend (~20 UTC) nicht im Wiener Raum, sondern in Oberösterreich aufgetreten. Zu dieser Zeit und in dieser Region lag die 500hPa-Temperatur gerade mal bei -30°C. In Wien wäre die Schauerstaffel um Mitternacht meine ursprünglich erwartete Gewitterlinie gewesen; sie hat zwar einen netten Flockenwirbel gebracht, aber keine Blitzaktivität. Die 500hPa-Temperatur lag hier zu dieser Zeit bei -40°C. Die 850hPa-Temperatur betrug fast einheitlich -8 (Wien) bis -9°C (Oberösterreich), dieser Unterschied ist also vernachlässigbar.
Wir müssen gar nicht darüber diskutieren, dass -40°C im 500hPa-Niveau eine bessere Voraussetzung für Konvektion schaffen als -30°C. Aber selbst diese -40°C sind wertlos, wenn es keine synoptischen Hebungsantriebe durch darüberlaufende Kurzwellentröge gibt - und diese sind nun einmal eher im Randbereich der kältesten Höhenluft anzutreffen, weshalb ich den für Konvektion interessanten Bereich bei der vorliegenden Wetterlage prinzipiell westlich und südwestlich der höhenkältesten Luftmasse ansetze.
> Und aufgrund der gestrigen Lage waren
> Gewitter nahezu ausgeschlossen. Mixed Cape
> lagen bei 0, der LI bei 14. Mit noch soviel
> erzwungener Hebung wäre da kein Gewitter
> gelungen.
Da mich die Entstehungsweise dieser Wintergewitter schon seit vielen Jahren fasziniert, könnte ich dir auswendig einen ganzen Haufen an Fällen nennen, wo sie eben genau bei (errechneter) CAPE von 0 J/kg und einem weit positiven Lifted Index aufgetreten sind, inklusive gestern Abend in Oberösterreich. Wenn CAPE und Lifted Index zusätzlich anschlagen, dann ist das lediglich ein "Bonus", der anzeigt, dass etwas freie und hochreichende Labilität da wäre und entsprechend weniger (oder im, wenn auch noch nicht bewusst erlebten, Extremfall sogar gar keine) synoptisch erzwungene Hebung nötig ist. Aber das ist bei weitem nicht die Normalität für winterliche Konvektion und schon gar keine Notwendigkeit.
Ich erzähle dir nix Neues, aber laut den Radardaten sind die winterlichen Gewitterlinien in Mitteleuropa typischerweise nur 4-5 Kilometer hoch, mitunter sogar noch seichter. Der Lifted Index oder andere Konvektionsindizes, die das 500hPa-Niveau bemühen, können daher schon von Vornherein versagen, wenn die Kaltluftmasse nicht so hoch hinaufreicht, aber trotzdem kalt genug für elektrische Ladungstrennung in der Schauerlinie ist. Das ist durchaus möglich, wie sich fast jeden Winter ein- oder mehrmals zeigt.
Teil 2 (wegen Beschränkung der Kommentarlänge):
AntwortenLöschen> Nach heutiger Sicht gibt es sowohl die Chance
> auf einzelne Frontgewitter am frühen
> Donnerstag, vor allem nach Süden hin, und
> Wintergewitter im Bereich der kältesten
> Höhenluft Freitag Vormittag.
Der Osten Österreichs liegt jetzt unter der kältesten Höhenluft mit -42°C im 500hPa-Niveau, und seit der Früh lacht die Sonne vom Himmel, während weiter westlich und südlich weiterhin die heftigsten Schauerstaffeln durchziehen...
Interessant ist auch, dass es diese fast strömungsparallelen Schauerstraßen ("Querwalzer" ist übrigens eine schöne Wortschöpfung!) regelmäßig ein schönes Stück über den Alpenhauptkamm (zumindest von den Niederen Tauern ostwärts) hinwegschaffen, sodass es sogar in der östlichen Steiermark noch ordentlich fetzt. Infolgedessen erstreckt sich der Streifen der bisher größten Neuschneemengen (>50cm/24h, siehe Lawinenwarndienste) von den Ybbstaler Alpen über die Mürzsteger Alpen und den Schneeberg sogar bis zum Stuhleck, also einen Bereich, den man nicht mehr unbedingt mit dem stärksten Nordstau assoziieren würde. Auch diese offenkundige Überkompensation des leebedingten Absinkens zeigt schön an, wie viel synoptisch erzwungene und organisierte Hebung hinter diesen winterlichen Schauerlinien stecken muss.
schöne Grüße nach Bukarest und danke für die fruchtbare Diskussion,
Georg