Dienstag, 4. Januar 2011

Überschwemmungen in Queensland: Warum der Nordosten Australiens absäuft

Hallo,

das Überschwemmungsereignis im Nordosten Australiens, im Bundesstaat Queensland hat mittlerweile solche Ausmaße erreicht, dass auch die Europäischen Medien tagtäglich darüber berichten. Eine Fläche von geschätzten 900.000 km² steht unter Wasser, das ist etwa 11x die Fläche Österreichs. Mehrere Menschen kamen in den Fluten bisher ums Leben, der Kampf der Fauna um's Überleben treibt die einheimische Tierwelt, die zweifellos als die giftigste und für den Menschen potentiell gefährlichste bezeichnet werden darf, in den verbliebenen Lebensraum und sorgt für zusätzliche Konflikte. Über das *warum* hört man allerdings wenig in den Medien, und darüber, wie es weitergeht, gibt es nur diffuse Aussagen. Um den regionalen Vorteil meiner Ubifikation am trockenen Ende Australiens zu nutzen, möchte in diesem Posting die unbeantworteten Fragen ein bisschen hintergründlich beleuchten. Erst einmal zur Geografie:



Denkt man sich Australien Richtung Europa versetzt, würde die Beschreibung so lauten: Die Insel Tasmanien läge über Österreich, Melbourne über Palermo, Sydney über Tunis , die Sahara käme unter weiten Teilen des Outbacks zu liegen und der Kontinent würde knapp nördlich des Kongo enden.


Der Bundesstaat Queensland liegt im Nordosten des Kontinents, die besonders von den Fluten betroffenen Regionen liegen etwa zwischen Rockhampton, ein paar 100km nördlich von Brisbane und dem Golf von Carpentharia, auf einer südlichen Breite von etwa 22 bis ca. 10 Grad. In diesen Hochsommertagen steht die Sonne auf einer Breite von ca. 22 Grad Süd im Zenit, brennt also mit maximaler Intensität auf die betroffene Region.

Klimatologisch gesehen befinden sich weite Landstriche der betroffenen Küstenregion zu dieser Jahreszeit in der Passatzone, d.h im Mittel ist mit Nordostwind zu rechnen, der Unmassen an feuchter, tropischer Pazifikluft in Richtung der Küste schaufelt. Auf der Karte zu sehen, befindet sich ein Stück landeinwärts der Küste gelegen, eine mehr oder weniger mächtige Hügel- oder Gebirgskette, ein Ausläufer oder Teil des  Great Dividing Range, der sich entlang der gesamte Ostküste nach Norden zieht. Dieses Gebirge spielt eine nennenswerte Rolle im weiteren Zusammenhang.


Zur aktuellen Lage:

Die kurrente Großwetterlage ist für Australien durchweg jahreszeitentypisch:


Die Frontalzone befindet weit südlich und betrifft den Kontinent kaum, über dem kalten, südlichen Indischen Ozean liegt die typisch wandernde Hochdruckzone und führt bodennah über weiten Teilen zu einem Ostwindregime. Über dem Herzen Australiens liegt ein Hitzetief, das großräumig Luft aus allen Richtungen ansaugt.

Die Temperaturverteilung in 850 hPa:


Eben durch die Position des Hitzetiefs über dem zentralen Bereich, der generellen Ostströmung in tiefen Luftschichten wird in diesen Tagen vermehrt tropische Pazifkluft nach Queensland geführt. Die Luft ist dabei an der Küste in den tiefen Schichten sehr feucht:


In der Höhe herrscht ein anderes Bild: Mit West bis Südwestwinden kommt immer wieder sehr trockene Luft aus dem zentralen Outback in Richtung der Küste von Queensland voran:



womit man die geschichtete Situation von sehr feuchter Warmluft unten und trockener Luft oben bekommt, eine Situation, die die Meteorologen potentiell instabil nennen.

All dies zusammen, potentielle Instabilität, Advektion von sehr feuchter Warmluft, Küstenkonvergenz und Konvergenz an den Bergen im Hinterland, Saugen des Hitzetiefs über dem Outback, resultiert in permanent hohen Werten der Gewitterparameter CAPE bzw. negativem LI:



Und so hat sich das alles auf dem radar/dem satellitenbild über die letzten 2,5 Wochen abgespielt:





In diesen Stunden, wie auf den letzten Frames des Loops angedeutet, geschieht noch etwas Anderes: Von Südaustralien wandert ein schwacher Trog nach Nordosten Richtung Queensland. Er ist nur mäßig wetteraktiv, allerdings birgt er einen Bereich mit Höhenkaltluft in sich. Dieser Trog erreicht am Donnerstag die Küste von Queensland bzw. New South Wales und heizt die Labilität nochmals an:


Im Zuge der Entwicklung, im Rahmen derer mit schweren Gewittern gerade an den Küsten gerechnet werden muss, simulieren die Modelle erkleckliche Niederschlagssummen:


wobei die Regionalität noch nicht genau festzumachen ist, zweifelsohne ist aber mit einer abermalige Verschärfung der Situation im Urlauberparadies des Kontinents zu rechnen.

Was ist nun das ungewöhnliche in diesem Jahr ? Nun, Australische Meteorologen tendieren dazu, mit La Nina zu argumentieren, ein Zugang der mir nicht zusagt. Nicht, weil ich ihn wissenschaftlich in Abrede stelle, sondern, weil ich das schlichtweg nie näher in Betracht gezogen habe. Im Gegensatz zu Europa, wo La Nina und El Nino sehr indirekt wirken, ist Australien hingegen von pazifischen Temperaturschwankungen direkt betroffen, deswegen ist die Affinität zu dieser Erklärung deutlich höher.

Außergewöhnlich, wie ich finde, im Vergleich zu den Vorjahren, allen voran 2008, ist die die sehr nördliche Position der Frontalzone. Immer wieder konnte ich in den letzten Wochen beobachten, wie sich Resttröge wie dieser, der sich im Moment anschickt über den Kontinent zu ziehen, von der Frontalzone ablösten und Richtung Queensland zogen. Neben der direkten Wirkung in Form von Gewittern können die Reste solcher Tröge über dem Pazifik durchaus auch als Auslöser für die Entwicklung organisierter Strukturen, wie tropische Tiefs oder tropische Zyklonen fungieren, die wiederum bevorzugt zurück Richtung Festland tendieren. Von diesen Systemen gab es bislang schon einige und die Zyklonensaison hat erst begonnen .....

Summa Summarum, die Menschen dort inkl. der Verwaltung blicken mit Recht ängstlich in die nähere Zukunft... allerdings, und das muß man neben Mitgefühl auch anmerken: Es ist die unangenehme und gefährliche Seite eines tropischen Klimates, mit der man, wenn man man willens oder gezwungen ist, in einem solchen zu leben, zeitlebens zu Rande kommen muss.

Lg

Manfred

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