Schönen Dienstagnachmittag der werten Gemeinde :)
Der Mittwoch wird meteorologisch gesehen ein Tag, an dem sich auch der eigefleischteste Synoptiker die letzten verbliebenen Zähne ausbeissen kann oder könnte. Der Grund liegt darin dass es knapp 24 Stunden vor dem Beginn des möglichen Ereignisses (gewittertechnisch) mehr Fragen als Antworten gibt.
Kurzum: Die Modelle lassen einen derzeit im Stich. Warum ? Sie sind nicht stichhaltig und zum Teil auch meteorologisch gesehen unlogisch...
Am besten man fängt mit einem Bild an:
Die Zyklone über Westeuropa hat sich seit gestern vorbildlich entwickelt und liegt jetzt mit ihrem Kern über Frankreich. Bis morgen verlagert sie sich zentrumstechnsich nach Deutschland (grüner Pfeil). An Ihrer Vorderseite erreicht Luft nordafrikanischen Ursprungs die Alpen, im Westen hat schon der Föhn eingesetzt. So meldet Bludenz jetzt schon an die 34 Grad, Innsbruck fast 33, während es in Wien mit 27 Grad noch angenehm zugeht...
Kommen wir zu den fraglichen Punkten für den Mittwoch. Im Vorfeld der Kaltfront erwarten wir Gewitter, nur wo, wann, wie stark ?
Zweites Thema: Wie hoch werden die Temperaturen klettern ? Auch das ist alles andere als sicher.
Gehen wir zu einem Modell das Erstaunen auslöst.. das GFS.
Zu sehen die Vorhersage der Maximaltemperaturen für morgen. Die erreichen beispielsweise im Osten stellenweise laut Modell nicht einmal 30 Grad. Wie komme ich dann gestern dazu von 36, im Extremfall 38 zu schreiben ?
Weiters eigenartig: Die Niederschlagsverteilung:
Die Labilität:
Die Werte von CAPE und LI sind gerade am Nachmittag und Abend im Osten extrem hoch bzw. tief ... nur soll es gerade dort laut Modell keine Gewitter geben ...
Sprich, das passt alles irgendwie nicht zamm. Statt zu verzweifeln kann man ja zur Abwechslung mal auf Logik und Instinkt setzen :)
Der Instinkt sagt: Wir starten morgen mit einer Föhnsituation:
Der Instinkt sagt weiters, dass wir morgen eine gute Chance haben, dass im Flachland nicht der handelsübliche Südostwind aufkommen wird, der aus Ungarn stabile Luft unten hereinbringt und die Maxima dämpft, sondern dass im Lauf des Vormittages der Föhn auch am Alpenostrand durchbrechen wird und der Wind rein auf Süd drehen wird. Damit sind die 34-36 Alpennordseitig geschenkt, und auch in Kärnten sowie leeseitig der Pack wird der Jauk zupfen.
Eine erste Druckwelle wird bis Mittag das Rheintal erreichen und hier den Wind westeln lassen, noch bevor die Gewitter kommen. Mit denen rechne ich ab dem frühen Nachmittag, ähnlich wie am Sonntag vom Appenzellerland übergreifend... bei knapp 50 kt in 500 hPa erübrigt sich die Frage ob die auch heftig ausfallen könnten ...
Es wird dann im Rahmen des möglichen sein, dass sich aus diesen ersten Zellen eine Linie formiert die den Kalkalpenkamm entlang nach Osten zieht. Hier endet die Vorhersagbarkeit mit Modellen, da ab dann die Sache eine Eigendynamik entwickelt, die Modelle im Voraus nicht abbilden können.
Mein Bauchgefühl sagt mir im Moment, dass diese Linie mit sehr hoher Geschwindigkeit nach Osten die Alpen entlang marschieren wird. Mit dabei: Sturm, Hagel.
Die Modellmeinung hierzu ist, dass die Gewittertätigkeit sich nach Tschechien verlagert und an den Alpen nur eine trockene Windkonvergenz durchgeht. Riskieren wir halt was :)
Im Temperaturablauf sieht das jedenfalls extrem aus:
Also: Aus Erfahrung würde ich GFS und WRF folgendermaßen overrulen:
Höchttemperaturen des GFS alpennordseitig und im Osten um 2-5 Grad nach oben korrigieren, Wind im Osten auf Süd korrigieren, mit Gewittertätigkeit an der Druckwelle, die am Nachmittag und Abend die Alpen entlangrast, rechnen.
Lg
Manfred
Danke Manfred für die Ausführung! Immer wieder les ich gerne deinen Blog und hab eam scho vermisst ;)
AntwortenLöschenäußerst spannend, mit den temperaturen hätte man als prognostiker für heut schon 2-3K mehr riskieren können / sollen / müssen. aber hinterher is man immer gscheider :)
AntwortenLöschenmorgen sehr spannend, die temperaturen sowie die folgeerscheinungen ... wobei mich die druckwelle und die schon mittag über bayern reinsuppenden kühleren luftmassen (im modell) ein bissl stutzig machen. man darf gespannt sein :)
wenn ich anmerken darf: dass im Bereich der höchsten CAPE-Werte keine Gewitter entstehen, ist für mich nicht verwunderlich.
AntwortenLöschenImmerhin ist das Setup mit dieser Scherung imstande, den größten Hagel und die schadbringensten Downbursts zu erzeugen, die es europaweit überhaupt gibt. Eine Gewitterlage der Superlative also.
Gewitterstatistiken (z.B. Brooks et al (2005)) zeigen, dass bei solchen Extremlagen selten Auslösung erfolgt, weil der Deckel zu stark ist. Offenbar kommt es in der Natur nur selten vor, dass extreme Scherung und extreme Labilität tatsächlich zur Auslösung gebracht werden. Entweder ist der Deckel zu stark, oder die Energie wurde schon verbraucht, ehe die Scherung markant zunimmt.
Beides zusammen produziert dann Tornados wie Tuscaloosa (USA), Hautmont (Frankreich) oder auch den Tornado-Outbreak in Polen am 15.8.2008 (vier F3-Tornados). Dennoch sehr selten, die Natur hat da offenbar eine Schranke eigenbaut.
Hallo,
AntwortenLöschenich möchte etwas widersprechen... 1) Ja, wird auch so sein wie du geschildert hast und B) Das Rätsel ist eigentlich gelöst und heisst Modellcapefresserregen und ist eine Art Artefakt... ich wollts nicht vorwegnehmen und dann anhand der tatsächlichen Entwicklung auf den Unterschied zwischen Modellcape und echtem Cape bzw. konv. RR eingehen ... ;)
ich seh den Widerspruch nicht - das eine ist die Energie, das andere die Auslösung. Lagen mit viel Energie ohne bzw. mit wenig Auslösung gibt es zuhauf, oft reicht dann eine einzige Zelle, um die Energie einzuatmen.
AntwortenLöschenversteh den letzten Kommentar nicht ganz... schlage vor wir führen das weiter wenn ich Modellkonvektion mit echter vergleiche ..
AntwortenLöschen