Es ist soweit.... NESAT tobt über dem nördlichen Luzon und hat den Landfall vor ca. 6 Stunden als starker Kat 3 Taifun mit Mittelwinden bis 200 km/h gemacht. Mittlerweile ist er über Land zu KAT2 Mutiert und wird beim verlassen von Luzon wahrscheinlich ein KAT 1 sein.
Direkt vor der Küste hat NESAT auch noch ein Auge entwickelt...
Ich will nicht wissen wie es unter diesen Wolken aussieht...
Hier die aktuellen Warnungen des philippinischen Wetterdienstes: 3 - Mittelwinde zwischen 100 und 185 km/h erwartet ..
Die weitere Entwicklung führt NESAT über Luzon hinweg auf das Südchinesische Meer Richtung Hainan. Er wird sich vermutlich wegen der recht kräftigen Scherung hinter Luzon nicht mehr signifikant verstärken ...
Jetzt zum zweiten Thema... gestern hat das Lokalmodell WRF für den Donnerstag die Bildung eines taifunartigen Gebildes über dem Golf von Sirte (nahe Libyen) simuliert... Jene habe ich beispielhaft, zu welchen doch rechts eindrucksvollen Phänomenen das Mittelmeer im Herbst im Stande ist, auf unserer UWZ FB Seite gepostet. Ein Fan hat darauf hin folgende Erklärung dieser so genannten Medicane als Link gepostet....
Zitat:
Auch im Mittelmeerraum haben sich manchmal schon hurrikanähnliche Tiefs gebildet. Der Entstehungsmechanismus entspricht dem bei tropischen Hurrikanen: Nicht horizontale Temperaturgegensätze sind für die Tiefbildung verantwortlich, sondern das Freisetzen latenter Energie über dem warmen Wasser eines Meeres ohne störende starke Höhenwinde. Die Wassertemperaturen sind zwar meist nicht so hoch wie in den Tropen, dafür ist die Corioliskraft größer; sie entsteht durch die Erddrehung und löst die Drehbewegung um ein Tiefzentrum aus.
Zitat Ende.
Das stimmt irgendwie ein bisschen und irgendwie doch nicht wirklich. Genaugenommen ist das, was da drin steht, falsch. Um das zu erörtern, muss man aber tiefer in die dynamischen Gleichungen der Atmosphäre gehen, als dem eine oder anderen Leser lieb ist, deswegen setze ich an dieser Stelle eine FORMELWARNUNG ab .. ;)
Punkt für Punkt:
... Der Entstehungsmechanismus entspricht dem bei tropischen Hurrikanen: Nicht horizontale Temperaturgegensätze sind für die Tiefbildung verantwortlich, sondern das Freisetzen latenter Energie über dem warmen Wasser eines Meeres ohne störende starke Höhenwinde.
Stimmt schon mal nicht... zumindest nicht so. Ein tropisches Tief entwickelt sich aus einem zunächst nur lose struktuierten Gebiet intensiver Konvektion (Gewitter). In den Tropen gibt es keine nennenswerten Temperaturunterschiede und deswegen auch keine markanten Hochs und Tiefs. Wie kommt es aber dennoch bei den Zyklonen, Taifunen etc zur Tiefbildung ?
Lösung: Wir brauchen, damit die Zyklogenese in Gang kommen kann, am Ende doch Temperaturunterschiede (Baroklinität, denn ohne die entwickelt sich kein Tief) !! Wenn diese Unterschiede anfangs noch nicht da sein, müssen sie generiert werden, und das funktioniert anders als in den Aussertropen, über Konvektion. Die Voraussetzung ist, dass die Konvektion nicht gleichmässig sein darf. Denn sonst würde die freiwerdende Kondensationswärme die tropische Atmosphäre überall gleich erwärmen und es passiert gar nix (ausser Blitz, Donner und Regen). Ist die Konvektion aber an einer Stelle (z.B im Zentrum eines solchen Clusters) stärker als am Rand, so wird im Zentrum in mittleren Höhen mehr latente Energie frei als rundherum, man bekommt also eine Warmluftblase. Und genau dort beginnt der Spaß. Man hat auf einmal horizontale Temperaturgradienten, gemäß dem Zirkulationssatz setzt beschleunigt Zirkulation mit beschleunigtem Aufsteigen in der Mitte und Absinken an den Rändern ein. An der Tropopause entsteht durch die Wärme ein Hoch, Masse muss zur Seite abfliessen und wird dadurch aus der Säule entfernt. Nimmt die Masse ab muss unten logischerweise der Druck fallen, denn Druck = Masse*Erdbeschleunigung /Fläche . Und auf einmal hat man das Tief in den unteren Schichten. Die Winkel zwischen Isobaren und Isothermen werden immer größer, die Baroklinität im Tropensturm nimmt zu, was die Zirkulation weiter anheizt.
Wichtig: Hier gibt es keine Henne und kein Ei, alles passiert instantan und gekoppelt (Transportgeschwindigkeit in der Atmosphäre ist die Schallgeschindigkeit, das heisst nach 30 - 40 Sekunden weiß der Bodendruck, dass oben ein paar Moleküle fehlen und er gefälligst zu sinken hat) .
Zusammenfassend: Bei einem außertropischen Tief ist die Barokilität von Anfang an da (Temperaturunterschied zwischen Subtropen und Pol..), bei einem Tropensturm wird sie durch ungleich verteilte Konvektionb erst generiert, letztendlich ist aber die Nahrung des Sturms die Baroklinie, genaso wie bei einem stinknormalen Islandorkan.
Nun zum Medican:
Die Wassertemperaturen sind zwar meist nicht so hoch wie in den Tropen, dafür ist die Corioliskraft größer; sie entsteht durch die Erddrehung und löst die Drehbewegung um ein Tiefzentrum aus.
Zitat Ende
Hiermit soll erklärt werden, warum Medicane schnell entstehen können, nämlich wegen der höheren Corioliskraft. Hm.
Problematisch. Die Corioliskraft ist die rechtsablenkende Kraft, die auf Luftströmungen auf der Nordhalbkugel wirkt, ausser direkt am Äquator selbst, da ist sie 0. Am Pol ist sie maximal.
Es gibt exakt eine Gleichung in der Dynamik der Atmosphäre, die die Zunahme von Drehung/Rotation beschreibt, und das ist die Vorticitygleichung. Die schaut in einer Form z.B so aus...
dζ/dt = ζ(∇·v) + k·[(v·∇)q −(q·∇)v] + (1/ρ²)k·(∇p×∇ρ)
Die Gleichung beschreibt die zeitliche Änderung der Vorticity. Sie beschreibt Tornados, wie Orkane, wie auch Tropenstürme gleichermaßen. Der erste Teil beschreibt, dass die Rotation bei Konvergenz zunimmt, wenn schon Rotation vorhanden ist. Der zweite Term ist für Tornados interessant, der dritte Term beschreibt die Zunahme der Rotation durch Baroklinität. (Nirgends kommt erstmal die Corioliskraft vor..). Term 1 und 3 wirken bei Tropenstürmen Hand in Hand. Je grösser die Kondensationsrate im Zentrum eines Taifuns ist, desto grösser wird der dritte Term und desto stärker ist auch die Konvergenz am Boden und die Divergenz in der Höhe, womit auch Term 1 rasch groß wird. Der Wind selbst ist bei gleichem Druckgradienten in niedrigen Breiten stärker als als in höheren Breiten, wodurch auch die Rotation des Windfeldes entsprechend grösser ist. Wir finden also in der Vorticitygleichung allein keinen Anhaltspunkt, warum sich Medicane schneller und leichter entwickeln sollten, allein auf Basis der Corioliskraft. Der Hauptmotor ist Term 1 bzw.3 und beide sind bei Tropenstürmen größer als bei Medicanen oder Polar Lows.
Es gibt aber eine Sache, die wirkt und noch nicht erwähnt wurde. In den Tropen ist die Baroklinität vor Sturmentwicklung wie schon erwähnt verschwindend. Es gibt deshalb kaum nennenswerte Tröge und Keile und deswegen auch kaum Vorticity im Normalzustand. Anders über dem Mittelmeer.... Medicane bilden sich gerne unter alten Höhentiefs, die schon im Urzustand in ihrer Umgebung nennenswert Vorticity haben und produzieren. Das heisst im Gegensatz zum Tropensturm kann der Medican schon auf einem Pool an Vorticity aufbauen, die durch Konvergenz rasch hoch wird und die schnelle Spiralbildung unterstützt. Nicht die Corioliskraft machts, sondern die Nähe zur Vorticityproduktionsmaschine in den Polarregionen ;) Allenfalls richtig ist, dass die Zeitkonstante , mit der eine unbalancierte Strömung auf die Corioliskraft reagiert auf 15°N etwa 2.3 mal so groß ist wie auf 40°N (Verhältnis des Sinus der beiden Breiten).
Ich hoffe ich hab keinen Denkfehler gemacht und noch viel mehr hoff ich, dass ihr mir folgen konntet ;)
Lg
Manfred