.. zumindest nicht zyklonentechnisch.
Hallo,
zum Österreichwetter lässt sich nach wie vor Nichts sagen, was nicht eh schon jeder geneigte Leser, geschweige denn die noch geneigtere Leserin eh schon sieht, wenn ein Blick aus dem Fenster gewagt wird. Umso interessanter ist da nun das, was sich derzeit am Ostatlantik abspielt.. und zwar das da...
Auf die Britischen Inseln greift der breite Schirms eines Systems über, das einen wiederum in seiner Form an ein Schwammerl, einen Hammer , einen aufgespannten Regenschirm oder eben ein T-Bone Steak erinnert.
Eine Shapiro Keyser Zyklone... wirklich ? na ja. Wie sagt man bei uns: Nur nicht hudeln. Schauen wir uns das mal an.
Ein unbedarfter Blick auf einen Kanal eines Satellitenbildes ist bezüglich der Kategorisierung eines Phänomens eine der gefährlichsten und klebrigsten Fallen, in die man als Meteorologe und auch als Nicht-Meteorologe tappen kann.
Zwar heisst es im ZIB Wetterbericht oft: Wie man wunderschön auf dem Satellitenfilm erkennen kann ... meist kann man aber nichts erkennen, oder zumindest nicht das, was wirklich passiert.
Wie so oft bringt nur der Blick in die Tiefe die nähere Erkenntnis.
Schauen wir auf die Modellfelder:
Gezeigt werden der Jetstream (obere Karte) und der Bodendruck, bzw. Bodenwind in der unteren Karte. Bezieht man die Position des Bodenkernes auf die Jetkonfiguration, so sieht man nur
EINES wunderschön: Das Bodentief liegt im Left-Exit Bereich eines Jetstreaks, (der ist so stark, dass er in der Karte weiß wird, also Mittelwinde von mehr als 270 km/h aufweist).
Eine der häufigsten Beobachtungen an SHPK Zyklonen ist es aber, dass das Tief im rechten Einzugsbereich liegt. das ist hier nicht der Fall.
Zum nächsten Punkt: Aber da ist doch eine Okklusion in Verlängerung der Warmfront zu sehen !
Wirklich ? Eine Okklusion ? Schauen wir auf das Temperaturfeld in 850 hPa:
Leider ist überhaupt keine Okklusion zu sehen. Ein scharfer Temperaturgradient verläuft quer durch das Bodentief, keine warmen, gekringelten Zungen zu sehen, gar nichts.
Die 3 Felder lassen nur den Schluss zu, dass man die Fronten so legen muss:
Und zwar als offene Welle.
Was ist nun der eigenartige Fortsatz an der Rückseite des Bewölkungsschrimes ? Hier braucht man einen anderen Kanal des Wettersatelliten:
Das Wasserdampfbild zeigt eine schwarze Zunge in dem angesprochenen Bereich. Das ist sehr trockene Luft aus der oberen Troposphäre bzw. niederen Stratosphäre, die einen Keil in die Bewölkung frisst.
Der scheinbare Wirbel ist also nicht durch einen Okklusionsprozess entstanden sondern durch das vorsetzliche Fressen von Wolken durch knochentrockene Luft. Das Phänomen ist bekannt und heißt
DRY INTRUSION (wenn man will: trockener Eindringling).
Findet man solche trockenen Einschäübe in der nähe von Zyklonenkernen, so hat man es mit der so genannten
RAPID CYCLOGENESIS zu tun. Das ist zwar keine Theorie für sich, man kann sich aber gut vorstellen, dass durch das nebeneinander von sehr trockener und sehr feuchter Luft (Stichwort potentielle Instabilität und Baroklinität) enorm viel Potential zur raschen Vertiefung von Zyklonen vorhanden ist.
Das Modell ist sich dieser Dry Intrusion bewusst, wie man auf der Karte der Relativen Feuchte in 500 hPa sieht:
Wiederum ist die Vorstellung einer Okklusion nur allzu verlockend, es gibt sie aber nicht.
Erst in ca. 12 Stunden setzt in Kernnähe allmählich der Okklusionsprozess ein:
Auf der obersten Karte des Tripels sieht man wie sich eine warme Zunge in den Kern schlängelt und Kaltluft schon auf die Vorderseite des Tiefkerns in 850 hPa vorgedrungen ist ... das sind recht eindeutige Signale. Und auch in 500 hPa beginnt sich ein Höhentief zu bilden, was für Okklusion spricht.
Dennoch ist es ein Okklusionsprozess, wie er für Zyklonen vom
Typ Polarfrontzyklone ganz typisch ist, wie auch das gesamte Höhenströmungssetup relativ zum Bodenkern für eine
*normale* Polarfrontzyklone spricht, deren Entwicklung durch die Dry Intrusion merklich gefördert wird, wo also beschreibenderweile der Zusatz RAPID CYCLOGENESIS zulässig ist.
Es ist wirklich nicht leicht, hier verschiedene konzeptionelle Modelle miteinander in Verbindung zu bringen. Der Abschnitt über Shapiro-Keyserzyklonen im SatMetManual der ZAMG hinkt an einigen Stellen ein wenig:
http://www.zamg.ac.at/docu/Manual/SatManu/main.htm?/docu/Manual/SatManu/CMs/CCB/special1.htm
Der für mich wichtigste Punkt der nicht zu meinem Verständnis passt, ist eine Verbindung der SHPK zur Rapid Cyclogenesis. Die rapide Zyklogenese steht mit dem Eindringen von trockener obertroposphäischer Luft in Zusammenhang. Dieses kann aber nur auf der kalten Seite des Jets stattfinden. Der Kern der SHPK liegt aber (meist) rechts hinten vom Jetstreak, also auf der warmen Seite.
Ich mein, es hat sich schon in der Beschreibung verbessert, früher war im SatMetManual zu lesen, die SHPK sei ein Speziallfall der RapidCyclogenesis, was so halt sicher nicht funktionieren kann.
Für die SHPK, egal wo die Baroklinität letztendlich herkommt, scheint es bedeutender zu sein, wo die Störung herkommt, denn ein ursprünglich tropischer oder subtropischer Charakter mit warmem Kern scheint hier sehr förderlich zu sein. Zum anderen geht auch viel, was mit ersterem zusammenhängt, von der Jetkonfiguration aus, und der dominante Jet ist bei einer SHPK der Warmfrontjet, an dessen rechten hinteren Ende das Bodentief sitzt. Im aktuellen Fall sitzt der Kern am linken Vorderen Rand des KF Jets und ist deswegen auch Intrusions*gefährdet* und auch eine klassische Polarfrontwelle.
Beide Problematiken laufen darauf hinaus, dass konzeptionelle Modelle keine Theorien sind, sondern Veranschaulichungen. Beide konzeptionellen Modelle werden aber schon jetzt durch die bisher verwendeten dynamischen Gleichungen abgedeckt, die Modelle können sie also simulieren, deswegen bedarf es auch keiner neuen Theorie. Es ist also das Gscheiteste, nicht zu versuchen, sie zu vermischen und vereinheitlichen, denn das führt zu Widersprüchen.
Lg,
Manfred