Dienstag, 27. Dezember 2011

Fronten I

Hallo,

Um eine alte Blogtradition wieder aufzugreifen möchte ich mich, abseits des aktuellen Wettergeschehens, in 2 oder 3 Teilen mit einem sehr wesentlichen Element des tagtäglichen aussertropischen Wettergeschehens beschäftigen, nämlich den Fronten.

1. Teil Ein Überblick und Definitionen:

Wetterfront, das sagt uns allen etwas, obwohl der ORF diese schon vor Jahren aus den Bildwetterberichten verbannt hat. Man kann sich etwas darunter vorstellen, Warmfront und Kaltfront sind irgendwie greifbare Dinge, die Okklusion vielleicht etwas weniger, aber nehmen wir sie mal mit.

Die korrekte Analyse und Vorhersage des Verhaltens von Fronten sind das tägliche Brot des Synoptikers und essentiell für eine Wetterprognose, sind doch viele Phänomene abseits des strahlenden Sonnenscheins an die Existenz von Fronten gebunden, denken wir nur an Regen, Schneefall etc. pp. Nur was sind Fronten eigentlich ? Geht man da etwas ins Detail, so kommt man drauf, dass sich die physikalisch korrekte Definition gar nicht so einfach gestaltet, wie man eigentlich meinen möchte.

In einem ersten und heute noch weltweit anerkannten Ansatz hat Bergeron die Fronten als Grenzen zwischen verschiedenen Luftmassen definiert. Luftmassen als solche unterscheiden sich voneinander über verschiedene Kennzahlen oder Merkmale, wie Temperatur, Feuchte und geografische Herkunft. Das ist ein korrekter, aber recht deskriptiver Ansatz und sagt noch nichts über die Natur dieser Grenze aus.

Die Gesetze der Thermostatik und Thermodynamik lassen sich nicht aushebeln, deswegen kommt man rasch darauf, dass verschiedene Luftmassen auch unterschiedliche Dichten (auf eine gewissen Höhe) aufweisen.Dem Gesetz von Archimedes folgend kann man nun schließen, dass *warme* Luft immer über kalter zu liegen kommen muss.

Dem folgend hat sich der Österreicher Max Margules (der übrigens auf tragische Weise in der Zwischenkriegszeit verhungert ist) in theoretischer Art und Weise mit diesen Grenz'flächen' zwischen warmen und kalten Luftmassen beschäftigt. Er hat sinnvollerweise postuliert, dass an einer Front der Druck keinen Sprung aufweisen darf, er muss stetig verlaufen. Daraus folgt zwingend, dass sich die Grenzfläche nie vertikal einstellen kann. Einfach deshalb, weil gemäss der barometrischen Höhenformel der Druck in Kaltluft mit der Höhe viel schneller abnimmt, als in Warmluft. Wäre der Druck am Boden auch noch gleich, in ein paar km Höhe würde an der vertikalen Grenzfläche ein immenser, irrealer Drucksprung herrschen. Man kann diese Lösung also ausschliessen (Bis auf Gewitterzellen wo in erster Näherung die Squalline eine vertikale Grenzfläche zwischen Warmluft und Regengekühlter Luft ist, entsprechend arg sind die Winde an so einer Squalline).

Er hat weiters geschlossen, nimmt man ruhende Luftmassen, so kann die Frontfläche nur horizontal liegen. Macht Sinn, man kann sich das wie eine Ölschicht auf Wasser vorstellen.

Bewegen sich die Luftmassen relativ zueinander so ist eine geneigte Grenzfläche die Lösung. Die Neigung dieser Frontfläche hängt von den Windgeschwindigkeiten und den Dichteunterschieden ab. Nimmt man das Postulat des stetigen Druckverlaufs noch hinzu, kommt auch noch heraus, dass die Frontlinie (Schnittliniezwischen Frontfläche und Höhenfläche) auch noch in einem zyklonalen Isobarentrog liegen muss und zwingenderweise der Wind an einer Frontlinie zyklonal springen muss (also z.B von Süd auf West).

Hier ein sehr schematischer Schnitt durch eine Warmfront:



Die Arbeit von Margules auf diesem Gebiet ist als extrem wichtig zu bezeichnen, denn die Praxis bestätigt im Wesentlichen den theoretischen Ansatz.

.. natürlich mit ein paar Modifikationen:

In Wahrheit wird aus der Frontfläche ein schiefes Frontvolumen, da sich an Fronten die Werte nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich ändern, z.B die Temperatur.

Es ist daher die Übereinkunft, die tatsächliche Frontlinie an das hintere Ende der 'Änderung' also den Gradienten zu legen.

Nur welchen Parameter verwendet man um die Position dieser Frontlinie auf einem Höhennievau zu bestimmen ? Korrekterweise ist der Ansatz über die Dicht zu wählen, sie ist der  Frontparameter schlechthin, denn die Dichte entscheidet welche Luftmasse über die andere aufgleitet, oder welche sich unter eine andere schiebt.

Blöderweise ist uns aber die Dichte aus historischen Gründen nicht wirklich zugänglich.

Über das Gasgesetz kann man Dichte, Druck und Temperatur miteinander in Zusammenhang setzen, und sich so um die Dichte schummeln und sagen: Warme Luft ist weniger dicht als kalte (bei selbem Druck). Das stimmt. Blöd wird's wiederum, wenn man die Feuchte noch hinzunimmt, denn bei selber Temperatur ist feuchte Luft weniger dicht als trockene und kann ebenfalls über diese aufgleiten. Hier hakt die Sache also, weil man nicht mehr so einfach mir nichts dir nichts entscheiden kann, welche Luftmasse dichter ist....

Es hilft nichts, alle Parameter ausser der Dichte sind ein mehr oder weniger fauler Kompromiss, mit dem man eben arbeiten muss.

Recht tauglich ist die äquivaltentpotentielle Temperatur, um Fronten aufzuspüren. Sie kombiniert die Temperatur mit der Höhe und der Feuchte. Als 3D Gebilde muss man sich natürlich auch eine Höhe aussuchen, auf der man die Front aufspüren will. Machen wir es einmal beispielhaft am aktuellen Fall für das 850 hPa Niveau, also rund 1000 - 1500m Höhe.



Ich hab versucht, die jeweiligen Fronten genau an den warmen Rand des Gradienten zu legen. Wir sehen eine Paradezyklone (klassischer Typ) mit breitem Warmsektor über dem nördlichen Europa, einer okkludierten (eingezwickten) Front bis rauf ins Nordmeer und eine Verwellung am hinteren Ende der Kaltfront.

Ähnlich sehen die weiteren tauglichen Frontenfelder wie relative Topografie oder Temperatur in 850 hPa aus:




Man sieht aber auch gleich, wie sich der Okklusionszwickel (auf den gehen wir im Teil 2 ein)  in der RelTop gar nicht mehr abzeichnet, oder das Temperaturbild in 850 hPa schon recht deutlich von der Äquipot unterscheidet, beispielsweise über Spanien, wo trockene Luft die Äquipot deutlich erniedrigt, die Temperatur aber hoch ist.

Überhaupt sieht man, wie sich die Fronten in der Äquipot als Schlangen oder Zungen abbilden. Ich habe nur eine hausbackene Erklärung dafür. Die Zungen kommen durch hohe Werte der Feuchtigkeit (na no na net, es gibt ja an Fronten meist auch Aufsteigen, Kondensation, Wolkenbildung und Niederschlag) zustande. Jetzt ist es so, dass es in der Atmosphäre nur eine nennenswerte Quelle für Wasserdampf gibt, den Boden und die Meere. Im Mittel ist die untere Atmosphäre feucht, die obere vergleichsweise trocken. Kommt es nun zu Aufsteigen an Fronten, wird der Wasserdampf nach oben gebracht und erhöht die Äquipot. Zwischen den Fronten herrscht Absinken, es kommt trockene Höhenluft herunter, das erniedrigt die Äquipot, obwohl die Temperaturen eben vielleicht sogar gleich sind.

Um den Teil 1 abzuschliessen, die Zusammenfassung:

- Fronten sind Luftmassengrenzen, die meist geneigt als 3D Gebilde in der Atmosphäre liegen. Die Stellung im Raum hängt vom Dichteunterschied und den verschiedenen Winden in Warm- und Kaltluft ab. Ersatzparameter wie Temperatur, RelTop, Äquipot etc, können im Einzelfall problematisch sein, weil es nicht eineindeutig sein muss, welche Luftmasse weniger dicht ist.

- Fronten liegen in einem zyklonalen Isobarentrog und weisen einen zyklonalen Windsprung auf.

- Sekundärphänomene, die an Fronten auftreten können, aber nicht müssen, sind Konvektion, Wolken, Niederschlag.

 Morgen oder Übermorgen befasse ich mich mit der Klassifikation, der Analyse im Detail und den Problemen/Fehlern die sich aus der gewählten Methode ergeben können.

Lg

Manfred

1 Kommentar:

  1. Hoffe Du hattest schöne Weihnachtsfeiertage - erst einmal vielen Dank für Deine interessanten, lehrreichen Einschätzungen. Für 2012 möchte ich Dir alles Gute, Glück und Erfolg wünschen, vor allen Dingen Gesundheit.
    Ciao derweil
    ... die Gitte

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !