Donnerstag, 29. Dezember 2011

Fronten II und ungute Silvesterwarmfront

Hallo,

ich möchte dort fortsetzen, wo ich mit Teil I aufgehört habe, und noch etwas spezifischer auf das Legen von Fronten, dessen Freiheitsgrade beschränkt sind, eingehen.

Eine der wesentlichen Folgerungen von Teil I war.

- Wetterfronten manifestieren sich in unterschiedlicher Dichte von Luftmassen auf einem Höheniveau
- Ersatzweise kann man Temperaturgrößen zur Definition heranziehen (mit Einschränkungen)
- Fronten liegen in einem zyklonalen Isobarentrog/knick
- Fronten legt man an das hintere Ende von Dichte/Temperaturänderung.

Je nach Strömung quer zu einer Front unterscheidet man:

Warmfront: Warme Luft ersetzt kältere bzw. gleitet aktiv auf ihr auf.
Kaltfront: Kalte Luft schiebt sich aktiv unter wärmere
Okklusion: Der hintere Rand einer Warmfront und der vordere einer Kaltfront fallen auf eine Linie zusammen. Okklusionen äußern sich durch von kälterer Luft eingeschlossene schmale Wärmezungen.
Neu: Fronten, die sich aus Unterschieden im Wasserdampf ergeben, nennt man oft Drylines. Sie kommen bei uns selten, in den USA und Nordinidien häufiger vor sind aber als komplex zu beschreiben. Dazu mehr in Teil 3.

Heute wollen wir der Einfachheit halber aber noch bei den Klassikern bleiben.

Nachdem ich Euch in Teil I die Frontengirlanden einer Polarfrontzyklone gezeigt habe, wollen wir uns das heute anhand einer Shapiro-Keyser Zyklone, aufgenommen gestern um 1 Uhr Ortszeit ansehen.

SO sah sie aus der Satellitenperspektive aus:


Ein Prachtskerl. Optisch sieht man an der Ostseite einen breiten Warmfrontschild, nach Süden hängend ein schmales Kaltfrontband mit Verstärkungen und Schwächezonen im Wolkenbild und eine komplett, gearde in den Warmfrontschild übergehenden Okklusionskringel. Zusammen ergibt das optisch eine klassische T-Bone Struktur. Das ist wie gesagt eine optische Frontenlegung, sehen wir uns das nun objektiv in 850 hPa an:



Wieder habe ich versucht, so gut es mir meine beschränkte zeichnerische Geschicklichkeit erlaubt, mich an die Regeln aus Teil I zu halten. Alle Fronten sind ausnehmend schön definiert.

Hier der Vergleich mit dem Feld der relativen Topografie, die erwartungsgemäß ein recht ähnliches, aber nicht das gleiche Muster zeigt:



Um nun einen Schritt weiter zu gehen, möchte ich diese Fronten im Vergleich zu den Jetstreams, den Starkwindbändern in der hohen Troposphäre darstellen, denn das ist sehr lehrreich:


Darüber könnte man nun Romane schreiben, ich halt mich aber kurz:

1. auffallende Sichtung: Ausgeprägte Fronten stehen mit Jets in Verbindung ! Östlich der Warmfront schießt ein starker Jet nach Südosten, knapp westlich der Kaltfront ein etwas schwächerer nach Norden, weiter westlich an der Kaltfront nach Osten.

2. Winkel zur Höhenströmung: In den periferen Bereichen kreuzt die Höhenströmung die Fronten in flachem Winkel, je näher es zum Kern geht, desto steiler werden die Winkel. Ein Teil der Okkluison wird schliesslich rechtwinkelig gekreuzt. Der steile Kreuzungswinkel hat teils extreme Folgen für die Dynamik und damit  die Wettererscheinungen an den so gekreuzten Fronten.

3. Tröge und Keile. Die Warmfront liegt an der Vorderseite eines Keiles, der sich über dem Warmsektor aufwölbt, die Kaltfront an der Vorderseite eines Troges. Die Okklusion biegt zum Kern hin an die Trogvorderseite ab.

Diese Positionen sagt auch die Thermostatik in der Troposphäre voraus, es muss so sein und kann nie viel anders sein. Darauf will ich jetzt aber nicht im Detail gehen, es hat mit der typischen Verschiebung von Boden- und zugehörigem Höhensystem zu tun.

So wie man es hier also sieht, repräsentiert es die Standardposition von ausgeprägten Fronten zu ihren steuerenden ausgeprägten Trögen und Keilen der Höhenströmung. Je mehr wischi-waschi die Fronten bzw. das Tief, desto mehr verschwinden auch diese Charakteristika, zumindest optisch.

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen daraus (über zwei Ecken macht es vielleicht klick), ist dass der Warmsektor eines Tiefs nicht beliebig schmal werden kann ! Je höher die Windgeschwindigkeit in der Höhe, desto weiter muss der Warmsektor geöffnet sein. Warum ? Wir brauchen einen Keil der Höhenströmung zwischen Kalt und Warmfront, das verlangt die Thermostatik. Ein Keil kann im Gegensatz zu einem Trog aber nicht beliebig schmal/gekrümmt werden (Gradientwindformel), auch deswegen ist die vielleicht schon gehörte Theorie, dass die Kaltfront die Warmfront einholt nicht mehr als ein schönes Märchen. Es ist eher so, dass bei einem recht offenen Warmsektor der Okklusionspunkt immer weiter aus dem Tief heraus wandert, was keine Folge des Einholens, sondern eher eine der permanenten Konvergenz und des Aufsteigens von Luftmassen im Frontbereich ist. Ein gewisser Öffnungswinkel wird dabei nie unterschritten. An Polarfrontzyklonen geht das aufgrund der Höhenwindverteilung schneller, (stärkerer Kaltfront- als Warmfrontjet), an Shapiro-Keyserzklonen mit starkem Warmfrontjet langsamer bzw. gar nicht voran.

Man kann also aus der Position und Form der Jets in 300 hPa schon schließen, welche Art von Front man in etwa wo in der unteren Troposphäre finden wird und wie diese zueinander stehen bzw. geformt sind oder ineinander übergehen. Das heißt: Keine akribische Frontanalyse ohne Jetanalyse !

Im Teil 3 (wahrscheinlich zeitig im Neuen Jahr) kümmern wir uns dann um kleinräumigere Strukturen an den Fronten selbst bzw. verschiedene Typisierungen von Fronten der selben Art und um den Exoten, die Dryline.

Zum Abschluss: Warmfrontgetriebene Starkniederschläge im Alpenraum zum Jahreswechsel.

Es wird wieder einmal spanned beim Wettergeschehen im Alpenraum. Die aktuelle Situation:


(Die Fronten wurden im Gegensatz zu vorher nur als first guess und nicht mit allzu großer Akribie gelegt). Man sieht, dass sich die Kaltfront der vorher sezierten SHPK Zyklone nun allmählich an die Alpen legt. Bis auf deutliche Abkühlung in der Höhe halten sich die Wettererscheinungen aber in Grenzen.

Viel interessanter ist da schon das System westlich der Britischen Inseln. Es steuert die Alpen in der Nacht auf Freitag und am Freitag an. Vor allem an der Warmfront bzw. dem warmaktiven Teil des dann schon voll okkludierten System ist alpennordseitig mit teils kräftigen Schneefällen bis in die Täler zu rechnen.

12h Summe:


6h-Summe mit Schraffur als Schneefall.



Das war es aber noch nicht. Am Samstag erreicht uns mit der auf Nord drehenden Höhenströmung die Warmfront, die auf dem letzten Satellitenbild ganz am westlichen Bildrand zu sehen war...



mit Niederschlagsraten von teils mehr als 20mm in 6h, allerdings bei deutlich steigender Schneefallgrenze..


Es handelt sich in den kommenden 4 Tagen um eine der typischen Starkniederschlagslagen in den Nordalpen: Warmaktive Fronten und Wellen die in eine nördliche Höhenströmung eingebettet gegen die Alpen gesteuert werden. Das ergab schon so manche Schneekatastrophe (Februar 99) oder Hochwassersituation (Jänner 2011)


Hier der Ablauf der nächsten 68 Stunden in der Äquivalentpotentiellen Temperatur:





Zunächst geht die angesprochene, schwache Kaltfront bei uns durch, dann folgt das okkludierende System aus Nordwesten, zum Schluss der Sequenz schiebt sich die markante Warmfront am Samstag über die Alpen. Damit wünsche ich einen erbaulichen Donnerstag !

Lg

Manfred

3 Kommentare:

  1. Hallo, vielen Dank!

    Eins interessiert mich noch. Wie hängt das mit dem Kreuzen der Jets mit den Fronten genau zusammen. Warum gibts zB bei steilen Winkeln extreme Erscheinungen?

    Lg

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  2. .. Das ist gar nicht so einfach zu erklären.. und ganz genau weiss es wohl keiner.... es hängt aber mit Hebungsantrieben aus Vorticityadvektion zusammen, die bei steilem Winkel besonders gut mit den sonstigen frontalen Hebungen zusammen fällt. Es gibt in der SatMet das konzeptionnelle Modelle der *Front Intensification trough Jet Crossing*, die Meinung vieler Lehrbücher, die die Wetterbedingungen an der Kernnahen Okklusion als die schlimmsten im ganzen Tief beschreiben, und z.B den visuellen eindruck im Satbild. Die Bewölkung ist am hochreichendsten und dicksten dort wo der Jet kreuzt: http://2.bp.blogspot.com/-Shy4NckGAFM/Tvu24wPaHuI/AAAAAAAAEKg/opPllp_qWjQ/s1600/D2u.jpg

    Ich hoff, das hilt etwas..

    Lg

    Manfred

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