Manche viel, manche gar nichts...
Hallo, zweiter und letzter Eintrag heute, weil es vielleicht für den einen oder anderen Leser interessant sein könnte.
Manche Stürme haben einen Stachel, andere nicht. Die, die ein Stachel haben, haben also Gemeinsamkeiten mit Bienen.
Es ist natürlich kein materieller Stachel (engl. Sting), der Deutschland am Freitag stechen wird, sondern ein Sting jet, der für Turbulenzen sorgen könnte.
Was ist ein Sting Jet ?
Ein Sting Jet ist ein Starkwindbereich in der niederen Troposphäre, zwischen Kaltfront und Okklusion eines Tiefs. In diesem Bereich herrscht das Absinken von recht trockener Luft, und das erleichtert das Heruntermischen der Höhenströmung. Das heisst, im Bereich unter einem Sting Jet ist die Wahrscheinlichkeit für deutlich stärkeren Wind als vor oder hinter dem Stingjet erhöht.
Am schönsten ist es immer mit einer Bildergeschichte...
Hier erreicht das Orkantief am Freitag Frankreich und Benelux. Im Druckfeld sind Warmfront und Kaltfront der Sahpiro-Keyserzyklone gut fediniert. Der stärkste Sturm trifft Frankreich (vermutlich mit Böen bis an die 130 km/h) im Warmsektor. Man beachte das sekundäre Windmaximum über Wales / Grossbritannien am Hinterrand der Okklusion.
Der Okklusionsprozess schreitet voran, das sekundäre Windmaximum im Zwickel zwischen Kaltfront und Okklusion verstärkt sich.
Der Sting beginnt sich über Deutschland abzuzeichnen. Vor der Kaltfront als auch im Zwickel zwischen Kaltfront und Okklusion herrschen die stärksten Winde.
Der Sting in seiner Blützeit. Simuliert werden direkt unter dem niedertroposhpärischen Sting die markantesten Böen des gesamten Tiefs.
Mit der rasch fortschreitenden Okklusion des Tiefs unter mehrfacher Verwirbelung der Okklusion verschwindet die Stingcharakteristik bzw. mutiert zum gut bekannten Starkwindband an der Okklusion selbst.
Gut zu sehen ist der Sting zu seiner Blütezeit auch in der relativen Feuchte:
.. genau im Bereich der trockenen Luft quer über Deutschland herrscht der stärkste Bodenwind.
Wiederum ist der Stingjet keine Theorie, sondern ein brauchbares konzeptionelles Modell und ein öfter auftretendes Feature vor allem an Zyklonen, die in ihren Frühstadium eine SHPK-Charakteristik hatten. Prominent war der Stingjet bei Tief XYNTHIA im Februar/März 2010, mit traurigen Schäden von Portugal bis Deutschland.
In diesem Fall ist der modellierte Sting in jedem Fall ein Warnsignal, hier mit erhöhter Wachsamkeit in der Vorhersage zu agieren.
Gruß und schönen Abend
Manfred
Ihre Analysen zu lesen ist oftmals spannender als Agatha Christie und Alfred Hitchcock zusammen.
AntwortenLöschenEin großes Danke das Sie sich immer wieder diese Mühe machen.
Hm, in der Stingjet-definition fehlt mir noch was:
AntwortenLöschenDenn trockene Luft alleine (Dryslot) löst keine extremen Böen aus. Erst, wenn die bei Shapiro-Keyser-Zyklone eingezwirbelte Warmfront in den Dryslot gerät, und die Wolkenluft dadurch verdunstet, hat man einen sting jet (Verdunstungskälte).
Ohne Bewölkung dürfte ein sting jet demnach nicht existieren.
Lesestoff:
http://www.met.reading.ac.uk/~sws07om/publications/sting_jets_EMS08.ppt
http://ams.confex.com/ams/13Meso/techprogram/paper_155025.htm
In Wirklichkeit ists wohl noch komplizierter mit CSI, etc...
Hallo Kollege,
AntwortenLöschendie zwei Links und das Konzept sind mir seit ca. 1.8 Jahren bekannt ;) Man kann hier, auch nicht alles in all der notwendigen Tiefe darstellen ... und weitaus wichtiger ist es, dass das einen Haken hat, an dem schon Rossmann gescheitert ist und wo es einen wirklichen Erklärungsnotstand gibt, nämlich dann, wenn nur verdunstet und kein Niederschlag abgeführt wird. Als alter Föhner merkst du vielleicht worauf ich hinauswill.. Dass ein Teil der umgebogenen Okklusion (hier kann man sicher nicht von Warmfront reden, so leid es mir tut) pulverisiert wird, sieht man schon an der Formänderung hin bis zum letzten Bild.
Manfred
Hallo!
AntwortenLöschenWie beurteilst du die Lage die GFS immer wieder für Mittwoch-Freitag für Wien rechnet? Ist ein größeres weißes Wunder zumindest theoretisch möglich?
LG
Michael