Mittwoch, 4. Januar 2012

Wintersturm ANDREA

Hallo,

mittlerweile pfeifen es in Österreich ja noch mehr Spatzen als noch vor Neujahr üblich vom Dach, dass die Alpenrepublik Teilhaberin eines transkontinentalen Sturmereignisses am Donnerstag wird. War das aktuelle Tief ULLI schon vom zweifelhaftem Ruf über Großbritannien und der Nordsee, laufen bei Andrea weite Teile des Kontinents Gefahr, von Sturmböen bis hin zu Orkanböen heimgesucht zu werden. Momentan ist ANDREA, Kerndurck nahe 980 hPa, noch ein junges, sich entwickelndes Tief südlich von Island...



mit Shapiro-Keyser Anwandlungen. Man beachte den Hammerkopf, den Okklusion und Warmfront bilden. In den kommenden 12 Stunden verlagert sich der Kern unter langsamer Vertiefung auf 970 hPa auf eine Position nördlich Schottland. Hier eine Prognosefrontenanalyse, gültig für Heute, 19:00:


Im östlichen bzw. südlichen Bildausschnitt sind die Frontegirlanden des aktuellen Tiefs ULLI zu sehen, südlich der Alpen hat bis dahin eine Sekundärzyklogenese an ULLI's Kaltfront stattgefunden. Im Südwesteck habe ich das Frontensystem eines alten, mittelatlantischen Tiefs angedeutet, zwischen Island und den Britischen Inseln sind ANDREA's gut ausgeprägte Fronten positioniert. Nocht ist die Shapiro-Keyser Charakteristik erkennbar, allerdings beginnt die Warmfront im Bereich eines Bodenhochs über der Biskaya deutlich zu bröseln, der Temperaturgradient schwächt sich aufgrund divergenter Strömung dort ab.



Ein sehr ähnliches Bild von der Lage der Fronten würde man auf Bais der relativen Topografie zeichnen. Man beachte wie sich vom Okklusionspunkt nordöstlich von Schottland die warme Okklusionsfront durch ein langgestrecktes Bodentief bis beinahe zur Südspitze Grönlands zieht.



Im Höhenströmungsbild sind Warmfront- (über der Nordsee) und Kaltfrontjet (zieht sich von Schottland als extremes Starkwindband nach Westen) gut ausgeprägt.


Auch im Bodendruck bzw. Bodenwindfeld erkennt man die frontale Struktur: Der Sturm setzt an der Warmfront ein, es gibt also ein Sturmfeld im Warmsektor sowie im 'falschen' Warmsektor zwischen Kaltfront und Okklusion.


Wie geht es über Nacht und am Donnerstag weiter ?

Das genau ist die spannende FRage ! Alle namhaften Modelle sind sich einig, dass der Kern von ANDREA eine Bahn  über die Südspitze von Norwegen, weiter nach Schweden bis hin zur Ostsee nehmen wird, wo die gute Dame am Donnerstag zu Mittag ankommen wird.

Uneinigkeit auf dieser nicht allzu langen Skala herrscht abermals über die Intensität. Rechnet das amerikanische Modell mit einer Vertiefung bis knapp unter 960 hPa..


so verlagert das ECMWF den Kern deutlich langsamer und mit 965 hPa zum selben Zeitpunkt auch weniger intensiv...


Das britische UKMO ist sich bezüglich der Zuggeschwindigkeit mit dem GFS einig, allerdings ist auch hier der Kern mit 964 hPa weniger intensiv.


Abschliessend noch ein Blick auf die WRF-Kette:


.. wo wir mit einem zwar in der Form etwas anderen , aber in Position und Intensität von 964 hPa gleichen Lösung wie beim UKMO landen. GFS und ECMWF sind in dieser 4-er Betrachtung Ausreißer nach unten/oben.

Im Starkwindband vor Andreas Kaltfront quer über Deutschland, neigt das GFS ähnlich dem Kern zu einer extremen Lösung. Wir sehen uns den Wind in 850 hPa an:


Wir sehen über Bayern und Tschechien Windgeschwindigkeiten von 100 Knoten, also 184 km/h. Das ist mehr als es bei Orkan Kyrill im Jänner 2007 waren. Würden diese Höhenwinde bei Kaltfrontdurchgang zum Boden gemischt werden, braucht man über verbreitete Orkanböen im Zwickel zwischen Kaltfront und Alpen (Kanalisierung der Strömung in der eingezwickten Warmluft) gar nicht lange zu diskutieren, bzw. man muss nicht viel vom Wetter verstehen um diese vorherzusagen.

 Alle anderen Modelle von UKMO bis WRF rechnen zu diesem Zeitpunkt über dem selben Gebiet (Dreiländereck Oberösterreich, Bayern, Tschechien) mit 70 bis 75 Knoten Mittelwind, was zwar verbreitet für schwere Sturmböen und auch orkanartige Böen gut ist, die Orkanböen aber nur vereinzelt vermuten lässt.

Hier muss man sich also aus der Sichtung der anderen Modelle erst einmal gedanklich von der GFS 18Z Lösung verabschieden und die Katastrophe erstmal absagen.

Der zeitliche Ablauf des Sturmereignisses wird in jedem Fall interessant. Die Sturmphase beginnt an allen Orten gleich mit dem Durchzug der bröckelnden Warmfront und erreicht unmittelbar vor und direkt an der Kaltfront ihr Maximum.

Auf Österreich bezogen geht es zuerst auf den Bergen der Alpennordseite, nachfolgend am Bodensee, über dem Zentralraum sowie im Mühl und Waldviertel mit West bis Südwestwind los, wobei sich die 'Sturm'böen im Tagesverlauf nur allmählich weiter nach Süden und Ostn fressen.

Über Ostösterreich wird der Wasserstrahlpumpeneffekt bzw. der Leetrog des Wienerwaldes die Böen östlich von Wien lange unterdrücken, hier kommt der Sturm erst hinter der Kaltfront am Donnerstag Abend.

Ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen, denn für Details gibt unsere Warnseite..










.. müsste man alpennordseitig mit dem Ereignis durchaus mit verbreiteten Böen zwischen 85 und 110 km/h ausgehen, wobei noch offen ist, wie und wann der Wind in die großen Längstäler greift. Bei solchen Spannen muss man auch immer die Ausreißer nach oben und unten einplanen .... Weiters darf sich der Alpenostrand von Eisenstadt bis in den Hartberger Raum auf ziemlichen Sturm ab dem Abend einstellen, der Süden generell auf weniger lustigen und ruppigen Nordföhn am Freitag.

Es dürfte sich also um ein Sub-Kyrill Ereignis handeln, was das GFS hoffentlich noch rechtzeitig einsehen wird ;).. dennoch von der Stärke her eines, wo sich jeder bezgl. geparkten Autos unter altersschwachen Bäumen oder losen Dingen auf Terasse und Balkon etc. pp.  vorbereiten sollte.

Lg

Manfred

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für die Infos!

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    Ich betreibe private Forschung über Klima und Naturwissenschaften und bin über jeden privaten Kontakt dankbar ...

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !