Sonntag, 11. März 2012

BRUNHILDES's Wandlung und Wikipedia-Schrott

Ein Hinweis in eigner Sache: Ab sofort ist der Blog unter der eigenen URL http://mswetter.com erreichbar, die alte URL wird umgeleitet.



Hallo,

Auch in ihrer Sterbephase bietet das ehemalige Sturmtief BRUNHILDE so einiges an berichtenswertem. Beginnen wir mit oberflächlichen Dingen. Letztendlich hat der DWD der sterbenden Dame ihre Zähne in Form von Fronten zurück gegeben :) .. siehe



Es gibt also doch noch Gerechtigkeit in der Wetterwelt :D. Zurück zum Ernst des Lebens.

Vom Höhepunkt ihrer Shapiro-Keyser artigen Entwicklung gestern um Mitternacht, hat sich die Zyklone zum großteil desorganisiert, in dem der Okklusionsprozess nahezu den gesamten Frontenzug an der Nord- und Westperiferie des Tiefs erfasst hat, wie die Animation seit gestern zeigt:



Im Vergleich mit der Animation der ersten 24 Stunden ihres Lebens (siehe LINK) fällt auf, dass der ehemals vergleichsweise ruhige Kern der Zyklone das Zentrum der Aktivität geworden ist. Hier sind im Tagesverlauf über dem Meer gewaltige konvektive Cluster entstanden, die um das Zentrum spiralieren. Hier beispielsweise zu sehen an den Blitzentladungen im Tagesverlauf:



Wie ist das zu erklären ? Na ja, wenn man Gewitter erklären will, muss man sich auf die Suche nach potentieller, konvektiv-verfügbarer Energie machen. Im ECMWF Modell wird nicht besonders fündig ...


Mit den 50 - 100 J/kg reisst man auf wienerisch gesagt kein Leiberl...

Etwas mehr findet man im GFS ...


Im Gegensatz zum ECWMF kristallisiert sich hier eine Symmetrie heraus, in der die Labilität im Zentrum des Tiefs maximiert ist.

Ähnlich hohe CAPE bietet das WRF ..


und die noch dazu beinahe ungedeckelt...


Das ist der Stoff, aus dem die dicken Cluster sind. .. das resultiert im Modell in einer entsprechend hohen Gewitterwahrscheinlichkeit...


Sieht man sich ein Vertikalprofil in unmittelbarer Kernnähe an..



so ist es ein typischer Aufstieg in hochreichend feuchtlabilen Verhältnissen mit großen Mengen an niederschlagsfähigem Wasser (precipitable Water).

Warum das alles auf einmal im Kernbereich ? Nun, an dieser Stelle ist Bruni keine typische Zyklone der gemässigten Breiten mehr, sie hat sich im Kern zu einem Hybrid mit Anwandlungen einer Subtropenzyklone gewandelt, die nicht , wie normale Polarfrontyklonen potentielle Energie in kinetische verwandelt, sondern latente Energie (Wasserdampf), wie es die tropischen und subtropischen Zyklonen tun.

Woran erkennt der Autor das ? Daran:



Im Bild der äquivalentpotentiellen Temperatur zum selben Zeitpunkt manifestiert sich Bruni's Kern als eine warme Blase, die kernsymmetrisch organisiert ist, das ist typisch für Hybride. Im Unterschied zu einem tropischen oder subtropischen System weist Bruni aber in der Höhe einen kalten Kern auf, wie z.B der Blick auf die Temperatur in 500 hPa, also ca. 5500m zeigt:


 mit minus 22 °C ist der Kern um 4 K kälter als z.B die Luftmassen über Schottland, was insgesamt der Hauptantriebsmotor für die Konvektion im Kernbereich ist.

Aber auch diese Prozesse werden nun langsam abebben, da auf Deutsch gesagt der Ofen mangels Brennstoff langsam ausgeht.

Zum Abschloss möchte ich Euch etwas zeigen, das mein Vertrauen in Wikipedia massiv erschüttert hat. Ihr wisst ja, wenn man mal auf die Schnelle irgendeine Information oder Hintergründe braucht, gibt man schnell mal wiki xyz ein und ist geneigt, das gelesene als Wahrheit in den Hirnwindungen abzuspeichern.

Gelesen habe ich heute dieses .. siehe LINK


Der Snapshot ist dem Wiki Eintrag über Österreich entnommen und soll die Klimatologie behandeln.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, schockiert zu sein ....

ein paar Beispiele:

Der Winter in Österreich ist vor allem kalt, im Westen und vereinzelt im Osten fallen die Temperaturen nur selten unter −2 °C, im Norden und im Süden sind die Temperaturen in den Hochlandschaften fast immer unter −10 °C. Wintermonate sind in Österreich von Schneefall begleitet.

WHAT THE ... ?


Das österreichische Klima ist gekennzeichnet von der Wechselwirkung des ozeanischen Klimas mit dem kontinentalen bzw. pannonischen Klima. Gemäß den Eigenheiten dieser Klimatypen ist der Osten Österreichs von kalten Wintern und heißen Sommern geprägt und es fällt ganzjährig nur mäßig Niederschlag.
Der Westen des Landes unterliegt in der Regel weniger strengen Gegebenheiten, die Winter sind meist milder und die Sommer eher warm.


Das wird ja immer besser. Wien-City und die liegt bekannterweise im Osten ist auch im Dezember, Jänner und Februar der durchschnittlich mildeste Ort Österreichs... in dem Absatz da oben stimmt einfach gar nix.

Festhalten, jetzt wird es aber wirklich tief:

Im Frühling und Herbst ist von Schneefall bis hin zu großer Wärme alles möglich. Da die Tagestemperaturen im Juli und August nicht selten auf und über 30 °C steigen und die Luftfeuchtigkeit meist sehr hoch ist, kommt es oft zur Bildung von Quellwolken und in Folge des Alpenstaus anschließend zu Gewittern.

Wir halten fest und schlußfolgern: Sommergewitter gibt es in Österreich nur wegen des Alpenstaus. Da die Niederlande keinen Anteil an den Alpen haben, gibt es dort keine Quellwolken und auch keine Sommergewitter.

Das liest sich alles zusammen wie ein Eintrag auf Stupidedia... http://www.stupidedia.org/stupi/Wetter

Wenn ich daran denke, wie ich denn mit WIKI Einträgen, derer ich nicht fachkundig bin zukünftig umgehen soll, wird mir eher übel... in diesem Sinne..

Lg

Manfred

13 Kommentare:

  1. Vielen Dank für Deine sehr interessanten, unterhaltsamen und lehrreichen Blog-Einträge.

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  2. Verifizieren und der so genannte " gesunde Hausverstand " können in Bezug auf Wiki schon auch hilfreich sein.
    Auch wenn mir das manchmal das Image des ungläubigen Thomas beschert. Obwohl ich Richard heiße....:-(
    Liebe Grüße

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  3. Wie wahr... na ja, die Hoffnung, dass in anderen bereichen wirklich Leute, die Etwas vom Fachgebiete verstehen die Themen behandelt bleibt dennoch in der Mehrheit der Fälle gewahrt. Es gibt über den Österreich-Eintrag eine lebhafte Diskussionsseite auf WIKI, allerdings keinen Diskutanten, der sich kritisch mit dem Klima-Erguß beschäftigt...

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    1. Solche Einträge kann man auch selbst bearbeiten. Ich denke, wenn im Wiki etwas Falsches drinsteht kann man sich mit einem Wikipedia-Konto einloggen und den Text editieren. Wir dürfen nicht vergessen, die Artikel schreiben User wie Du und Ich. Von dahe bessert es gegebenenfalls einfach aus. Wenns jetzt durch einen Meteorologen kommt, sind da zuverlässigere Angaben immerhin abgesichert.

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    2. Ich habe das einmal veruscht und bin schon beim ersten Versuch an der Bürokratie einiger Wikiler gescheitert, drum lasse ich es. An sich ist die Wiki Idee eine sehr lobenswerte... es kann aber nur dann funktionieren, wenn man nur über Dinge schreibt, über die man etwas weiß, und sich nicht darüberschummelt, in dem man krampfhaft etwas aus dem Netz zusammensucht, das man nicht versteht und interpretieren kann, nur damit etwas da steht. So vermute ich es bei dem Österreich-Eintrag geschehen. Der Rest ist ja fundiert, zum Klima hat auch noch etwas geschrieben gehört, und so kam das zu Stande. Da ist es besser, nichts zu schreiben, ich meine Österreich ist auch ohne Klima etwas, zu dem man Bände schreiben kann. Irgendwann wäre ein Experte aufgetaucht und hätte gesagt, Leitln, ich hab da etwas zum Klima in Österreich ... Es hat schon einen Grund, warum ich öffentlich zu nicht viel mehr als dem Wetter schreibe ;)

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  4. Ich finds schade, dass dann wirkliche Experten über so einen Eintrag "drüber stolpern" und mit dem Argument "Bürokratie" eine Verbesserung ablehnen. Wenn man sagt: Ich hab dafür keine Zeit oder ich seh das nicht als meine Aufgabe oder dergleichen, dann verstehe ich das voll und ganz.

    Andererseits - wir haben in Österreich ja auch eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (auch ZAMG genannt - für dich ist das ja eher "nur" ein Mitbewerber) - mich würde es stark wundern, wenn da nicht bereits kurze Beiträge zum Thema (Klima in Österreich) einfach "in der Schublade" liegen würden, die man mit geringstem Aufwand auch der Allgemeinheit zur Verfügung stellen könnte (der Konjunktiv ist hier bewusst gewählt).

    lg aus dem Wienerwald

    Stefan

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  5. Blitze vor West-Norwegen? Ist das typisch für diese Jahreszeit?

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  6. @Stefan: Ich bin immer offen dafür, Verbesserungen einzubringen, allerdings auch ein nonkonformistischer Freigeist. Was ich an Feedback für eine winzige Verbesserung bei einem Artikel, der im Übrigen nicht das Wetter oder Klima beinhaltete, von der Wiki Community bekam, war jenseits von Gut und Böse, weswegen das Thema für mich erst einmal erledigt ist. Wenn sie meinen, sie wissen es besser, sollen sie es auch ohne mein Zutun besser machen.

    @ Zamg. da muss ich was klarstellen. Der Gesetzgeber hat hier komplex agiert. Die ZAMG als eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ist prinzipiell ein nationaler Wetterdienst, wie ihn jedes Land hat bzw. braucht. Hingegen, der teilreichtsfähige Teil der Zamg, (das was du als Konkurrenz bezeichnest) ist in dieser Form ein wenig durchdachtes Österreichisches Kuriosum und ich bin mir nicht sicher, in welcher Form ihn dieses Land braucht.

    Erstere Institution hat mit Sicherheit mehr als brauchbare klimatologische Kompendien parat, die dem Zweck dienlich wären.

    @ Alex,.. gerade in dieser Jahreszeit sind Gewitter vor Norwegen keine Seltenheit. In diesem Fall dadurch entstanden, dass polar-arktische Kaltluft über das warme Wasser des Golfstroms streicht...

    Lg

    Manfred

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  7. @Manfred - mein Schwenk auf die ZAMG war ironisch gemeint. Insbesondere - und das ist jetzt natürlich wie alles von mir hier nur meine persönliche und bescheidene Meinung - weil in Österreich von dieser Stelle viele Informationen nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, zumindest nicht unentgeltlich. Das was man von dir (und im Hintergrund dann eben wohl von deiner Firma) alleine hier im Blog geboten bekommt ist dagegen schon richtig großes Kino.

    Ich würd sagen in der überwiegenden Mehrheit aller Fälle ist es gut, dass viele Wikipedia-Gruppen durchaus kritisch mit Änderungen umgehen (sonst würde ja vieles täglich einfach ohne fundierte Referenzen, etc. "umgeschrieben", dass deine Erfahrungen negativer Natur waren ist dann durchaus schade. Irgendwo muss man aber dann das persönliche Engagement auch mal zurück nehmen, auf Basis dessen was ich hier von dir lese ist deine Freizeit ohnedies recht überschaubar.

    lg

    Stefan

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  8. Oki... verstanden. Erstmal danke für die Lorbeeren... :) Ich sags mal so... das was hier zu lesen ist, ist mein ganz persönliches Interesse, das mir u.A meine Firma ermöglicht. Ohne Daten, ka Musi, wie man so schön sagt.

    @ Wiki. Ich stimme dir zu, das kritische Hinterfragen ist ein essentieller Teil des ordentlichen wisschenschaftlichen Diskurses, es mag auch durchaus sein, dass ich mit meinen 'Opponenten' damals einfach auch nur Pech gehabt habe... aber ganz ehrlich ... wer nimmt solche Sachen nicht persönlich ?

    Lg und gut N8 !

    Manfred

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  9. Mein Lieblingswort im o.g. Wiki-Eintrag ist "wechsellaunig". Werd ich in Zukunft auch verwenden. Hat irgendwas Animalisches und erspart dem werten Leser nackte, grausame Zahlen in diversen Monatsstatistiken. ;)

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  10. Hi!

    Woher stammt eig. das Tornado-Video auf der Homepage wetter.tv?

    DAnke

    Lg

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  11. den Wiki Beitrag haben sicher irgendwelche Geographen geschrieben die vom Wetter und Klima keine Ahnung haben (wie z.B deren Föherklärung...)

    lg David

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !