Hallo,
an sich wollte ich dieses Post mit *Die Kunst der Gewittervorhersage betiteln*. Das erinnerte mich dann aber doch zu sehr an die *Kunst der Fuge* von J.S. Bach, und mit so einem Meister sollte sich ein kümmerlicher Wurm wie ich nicht direkt namentlich anlegen.
Schon vor ein paar Wochen habe ich etwas zum *Gleichgewicht des Schreckens*, die selige Balance zwischen CAPE, der Energie, die für vertikale Umlagerungen genutzt werden kann, und CIN, jenre Barriere, die überschritten werden muss, damit das freie Steigen einsetzen kann, geschrieben.
Heute möchte ich dieses Gleichgewicht, in der Suche nach dessen Durchbrechung der Lebenszweck der Gewittervorhersage besteht, um 2 weitere Facetten ergänzen. Facetten, die uns etwas über das Schwergewitterpotential verraten, wenn der Deckel durchbrochen wird.
Diese Facetten sind
PWAT
LL und DL shear
Auf Deutsch :) :
1) Niederschlagsfähiges Wasser (Precipitable Water)
2) Niedertroposphärische und Gesamttroposphärische Scherung
1) ist irgendwie klar. Wenn man Gewitter vorhersagt, wäre es ganz interessant zu wissen, wie viel Wasser denn da in so einer Wolke als Regen produziert werden kann. Das Gewitter kommt dem Auspressen eines Schwammes gleich und je nach dem wie vollgesogen der Schwamm ist, desto mehr tröpfelt da dann raus. Schauen wir uns eine Karte an:
Das verfügbare Wasser ist in Kilogramm Wasser pro Quadratmeter Erde angegeben. Sieht man sich die Werte z.B im zentralen Mittelmeerraum an, so kommt man drauf, dass da derzeit an die 3 Kübel Wasser pro m² in der Luft hängen. Das ist gar nicht so wenig, andererseits auch wenig verwunderlich, denn dort krebst ein käftiges Tief herum:
PWAT hilft uns also zu entscheiden, zu welchen Regenraten Gewitter fähig sind, sollte Konvektion ausgelöst werden. Es ist ein entschiedender Parameter wenn man sich über die Gefahr von Flashfloods, also kleinräumigen, plötzlichen oberflächlichen Überflutungen machen möchte.
BlogleserInnen wissen, dass es neben der Labilität und nun PWAT auch eine weitere schmackhafte Ingredienz für Schwergewitter gibt, die Scherung.
Ich habe im Rahmen dieses Blogs schon mal dargelegt, wie die Interaktion von vertikaler Scherung mit zellularer Vertikalbewegung über das Formelwerk von Vorticitygleichung u.Ä. zu rotierenden Aufwinden, Hagelzyklen, Superzellen und Tornados führen kann. Heute werde ich das nicht wiederholen, sondern ganz unwissenschaftlich eine Art Postulat einführen.
Starke Scherung über große Teile der Atmosphäre ist relevant zur Bildung organisierter Zellen (Komplexe, Linien, Superzellen)
Zusätzlich, starke Scherung in den unteren Schichten ist relevant zur Bildung stark rotierender Aufwinde, im Extremfall Tornados.
Nun ein Blick auf eine Karte die
Labilität
LL Shear (tief)
DL Shear (über weite Teile der Troposphäre) vereint.
In Farben die Scherung in knoten zwischen Boden und ca. 850 hPa. In Zahlen die Scherung zwischen Boden und ca. 7000m. (In Knoten). CAPE ist über Symbole dargestellt. Rechtecke: 100-500 J/kg, Diagonale Rechtecke bezeugen CAPE größer 500 J/kg.
Ist alles ein bisschen viel, die Interpretation ist aber leicht:
Wo nennenswerter CAPE bei starker LL Scherung und starker DL Schwerung zu finden ist (wie z.B morgen im Westen der Türkei) da ist der Abzug des Colts gespannt.
Man sehe sich noch den Deckel an:
CIN ist größer als -30, also ist das Ganze nur schwach gedeckelt und kann beim geringsten Anlass ausgelöst werden ...
Siehe auch Temp:
Zum Glück sind die CAPE Werte noch sehr bescheiden (um 500) sonst hätte man hier ein wirklich gefährliches Setup. Kann mir bei den Scherungswerten aber dort dennoch morgen ein paar sehr fotogene Zellen vorstellen.
Zusammengefasst:
PWAT
CAPE/CIN
LL, DL ansehen
und man sollte Ahnung haben, was wann wo passieren kann (außer das Modell haut kräftig daneben, was man natürlich nie ausschliessen kann).
Lg
Manfred
Super besten dank und ja e so gut wie immer aber heute wieder besonders viel gelernt von dir!
AntwortenLöschenEinfach jedes Mal wieder ein Genuss!
Danke Manfred!
Dem kann ich mich nur voll inhaltlich anschließen.
LöschenLG
Richard
Da muss man ja fast rot werden ... Freut mich jedenfalls, dass es gefällt und was bringt :)
AntwortenLöschenIm einem Posting von 2011 las ich von 51 mm/h bei PWAT 32
AntwortenLöschenWie kann es mehr regnen als PWAT zur Verfügung steht?
Ist das auf die Zuggeschwindigkeit der Zellen zurückzuführen oder wie?
(http://www.mswetter.com/2011/07/viel-wasser-monsunartiger-regen-am.html)
und wirst du ein Statement zu den "lebensgefährlichen Tornados" ©NOAA abgeben? (typ. Ami-Übertreibung/Tatsache?)
lg Lukas
Hallo Lukas,
LöschenManu (untenstehend) hat völlig recht. 32 PWAT heisst nichts anderes, als dass wenn man das gesamte Wasser in der Atmosphäre gleichmäßig zu Boden bringt, das Wasser dort 32mm hoch steht. Ein CB hat aber ein *großes* Einzugsgebiet und bezieht Luftmassen einer großen Fläche mit ein, die ann auf einer kleinen Fläche herunterkommen, das ist der Effekt der so genannten Feuchtekonvergenz. Insofern ist PWAT als Maßzahl zu verstehen, nicht als potentielle Regenrate.
@ NOAA. Na ja, es ist/war keine Übertreibung. Jeder Tornado ist für Mensch und Tier gleichermaßen lebensgefährlich, sollte man ihn kreuzen. Das Setup war gut, Low Level Scherung bis 35 kt über Kansas, Deep Level bis über 50kt, dazu Cape bis 3000 J/kg und CIN gearde in der richtigen Größenordnung, dass es nicht zu früph und nicht zu vebreitet auslöst. Ich hab nicht viel recherchiert, aber bis jetzt dürften gestern alleine in Kansas mehr als 100 Tornados entstanden sein. Wie sich gestern im Vergleich zu anderen explosiven Setups der letzten Jahre einordnet, weiß ich nicht.
Gruß
Dass die rr Raten höher sind als das PWAT hat wohl damit zu tun, dass im Modell über die Fläche gemittelt wird. In der Realität gibt es hingegen Konvergenzen in den Cb hinein, was zu einer kleinräumigen Konzentration von absoluter Feuchte führt und damit zu mehr rr.. oder lieg ich da falsch?
AntwortenLöschenManu
Ich sag auch einfach mal wieder danke - auch ich habe wieder einiges dazu gelernt.
AntwortenLöschenlg aus dem Wienerwald
Stefan