Freitag, 25. Mai 2012

Falsche , betrügerische Superzelle

Hallo,

mit ein paar Tagen Verzögerung möchte ich doch 2 interessante Gewitterfälle in der wunderschönen Alpenrepublik aufarbeiten, die zeigen, das ein und das selbe Phänomen bzw. Mechanismus je nach Ausprägung ganz verschiedene Auswirkungen haben kann. Es geht heute um Ausflussgetriebene Konvektion, und was das ist, erläutern wir im Lauf des Postings.

Zunächst der Fall vom letzten Dienstag. In der labilen Ostströmung erreichte von Ungarn kommend eine markante Zelle das Marchfeld und Wien ... hier im Radar - Video:




Hier noch ein paar stills..








Hierzu ein paar Interpreationshinsweise.

Die Zelle ist nach ein paar Kreuzungen mit anderen , schwächeren Zellen in Ungarn gut als individuelle, konsistente, eindeutig identifizierbare Struktur ohne Sprünge oder Neubildungen etc. erkennbar. Man kann also eigentlich sagen, dass es eine EINZELZELLE ist, die über die Zugbahn hinweg mit EINEM EINZIGEN Aufwindbereich verbunden ist, ganz im Gegensatz zu Multizellen, wo sich die Aufwinde ständig neu bilden und wieder zusammen fallen.

2- Die Zelle fällt dadurch so stark auf, dass sie im Vergleich zu den anderen, schwächeren Echos um va 30 bis 30° nach Norden, also nach rechts ausschert.

Fasst man das zusammen:

EINZELZELLE und RECHTSAUSSCHEREND

kommt man ohne viel nachzudenken auf SUPERZELLE.

Manchmal schadet es aber auch nicht, mehr nachzudenken. Diese Zelle hat sich nur als Superzelle getarnt, in Wahrheit haben wir es mit einem Typ Zelle zu tun, rasch wandernde Einzelzelle OHNE Superzelleneigenschaft (rotierender Updraft) zu tun, der noch keinen Namen hat.

Warum ist es keine Superzelle ?

- Die Scherung ist zu gering...



30kt Deep Layer  Scherung ist in den allermeisten Fällen zu gering.. weiters passt auch die Form nicht (zu kreissymmetrisch), sowie die Absenz von Mesozyklone und Hagel .. spricht also alles dagegen. Was ist hier passiert ?

Ich habe eine 3-teilige Skizze gemacht..


1) zeigt nochmals das Windprofil in dem die Zelle unterwegs war. 10kt Nordwind am Boden, stehen 30kt Ostwind in 1500m wie auch 30kt Ost in 6000m Höhe gegenüber. Das Profil dreht mit der Höhe also nach RECHTS (Warmluftadvektion), die stärkste Scherung findet aber auf den untersten 1.5km statt, während zwischen 1.5 und 6km sich gar nichts mehr tut.

2) Die Zelle wandert als Komplex mit der Höhenströmung (z.b in 5000m) nach Westen. Dem enstsprechend bildet sich eine relevante Böenfront in Zugrichtung aus. Was nun bei normalen Multizellen oder auch Squallines passiert, ist dass diese Böenfront der Zelle u.U nach vorne weglaufen kann und sich immer weiter von der Zelle entfernt. Das killt aber den Lebensmechanismus von Multizellen oder Squalls, da der Downdraft an der Böenfront die vorne lagernde energiereiche Warmluft heben und der Zelle einverleiben soll (frischer Sprit..). Ist die Böenfront zu weit vorne, versiegt der Sprudel und die Zelle stirbt. Das sieht man oft.

In unserem Fall ist das Windprofil unten aber wirklich so, dass der synoptische Nordwind verhältnismäßig stark ist und gegen die Böenfront *drückt* Er klebt damit die Böenfront sehr nahe an die Zelle, womit die Versorgung mit frischem Sprit auf lange Sicht sicher gestellt ist. (3)

Weiters kommt noch hinzu, das Zellen sich den Sprit auch immer von dort holen, wo am meisten vorhanden ist, also in Richtung der höchsten Energie entwickeln..


.. und die war am Dienstag sicher nördlich der Zelle.

Insgesamt erfolgte das starke Rechtsausscheren aufgrund des

- bodennahen Windprofils
- Energieverteilung

und nicht wegen der Existenz einer Mesozyklone. Selbigen Mechanismus konnte man bei weiteren Zellen z.B in Oberösterreich am Mittwoch und Donnerstag mehrmals sehen.

Der kalte Ausfluss kann aber auch ganz andere Folgen haben .... wir gehen zum Mittwoch, und zwar nach Salzburg Stadt.


Um 16:00 steht südlich der Stadt eine markante Gewitterlinie...


Die eine kräftige Böenfront nach Norden talauswärts schiebt. Nördlich der Böenfront herrscht das Einströmen warmer Luft aus dem Alpenvorland, die Windströmung ist stark Konvergent ...

15 Minuten später ...


verstärkt sich an der Windkonvergenz ein zunächst unscheinbares Echo ..


das weitere 5 Minuten später nicht mehr so unscheinbar ist ...



.. und in der Folge vor allem die nordwestlichen Teile der Stadt versenkt.

Es ist dies ein besonders in Tälern effizienter Gewitterneubildungsmechanismus, da die Täler den Ausfluss kanalisieren und konzentrieren, während im Flachland mangels Barrieren alles eher etwas auseinanderläuft.

Das waren 2 Geschichten um die Rolle des Ausflusses auf Form, Zugbahn und Geburt von Zellen ...

Lg

Manfred

11 Kommentare:

  1. Huhu Manfred,

    zumindest diese Bilder hier sprechen wohl für eine Mesozyklone:

    http://www.skywarn.at/forum/viewtopic.php?f=87&t=13357

    Zudem gab es gestern/vorgestern auch in anderen Regionen mit "nur 15 m/s" DLS eindeutige Superzellen und Sichtungen von Wallcloud/Trichterwolken (z.B. auch über Bayern).

    15 /ms reicht in meinen Augen sehr wohl Mesozyklonen aus. Es ist sogar ein typischer Wert für HP-Superzellen, da die Hydrometeore dann nicht aus dem Ambossbereich geweht werden und für Re-Cycling zur Verfügung stehen.

    Hier wird auch ein Fall von May 2003 genannt:

    http://www.estofex.org/files/dahl_thesis.pdf

    Superzelle bei 8 m/s DLS und 5 cm Hagelsturm bei München.

    *****

    Interessant auch diese Aussage:

    Supercells
    storms are usually associated with 0–6 km shear around or above 20 m/s
    (Doswell and Evans, 2003) although occasionally, supercells may occur with
    lower shear values. This may occur when mesoscale boundaries play a role or
    when storm-relative helicity is large despite the rather weak bulk shear

    S.53 von http://www.estofex.org/files/scriptie.pdf

    Mit der Winddrehung von Nordwest auf Nordost/Ost war die 0-3 km helicity ja recht groß trotz "geringer" DLS, diese Konstellation herrschte jeweils am 22.5, 23.5. und 24.5. vor (erhöhte 0-3 km SREH, nur mäßige 0-6 km bulk shear).

    Jedenfalls spricht für mich in der Summe nichts gegen eine Superzelle am Dienstag. Das Nichtvorhandensein von Meldungen über Hagel ist auch kein Beweis von Nichtvorhandensein von Hagel (das Gebiet ist eh relativ dünn besiedelt.) Der Hageldetektor springt zumindest an, die Dezibel hätten Hagel auch hergegeben.

    Gruß,Felix

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  2. Hallo wie gerade persönlich besprochen:

    Ich gehe nach wie vor nicht von einer SZ aus :D

    30km östlich war es eindeutig outflowdominiert, siehe SH Pics,, wie auch die User in Wien und Gänserndorf melden war es auch dort outflowdominiert, und irgendwie sieht man es auch auf den von dir gemeinten Bildern.

    Am Mittwoch und Donnerstag (bei den von dir zitierten Fällen) wär Cape um den Faktor 2-3 höher, was die untere Barriere für die Bildung von SZ natürlich erniedrigt, da die Faktoren beinahe multiplikativ wirken, siehe Vorticitygleichung.

    Die Bilder kannte ich schon, in Betracht zu ziehen ist auch das extrem niedrige Kondensationsniveau zu dieser Zeit (rund 400m) was die Optik beeinflusst sowie die Tatsache, dass die Labilität auch nicht mehr vom Boden ausging und die Konvektion nur noch durch Outflowhebung erzwungen werden konnte.

    Lg

    Manfred

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  3. Tja............interessante Diskussion

    Danke jedenfalls für den Beitrag?

    1) Man kann also sagen, dass es sowohl alpin, als auch außeralpin die selben Dinge sind, die Gewitter begünstigen. Mit dem einen Unterschied, dass es im Flachland mehr synoptisches Forcing braucht (also zB durchgehend Nordwind), als alpin, da hier die kinetische Energie sozusagen aufkonzentriert wird und für spontane Hebung sorgen kann. Wenn ichs richtig verstanden habe?

    2) Bei Mesos und Squalls: Was begünstigt eigentlich das Davonlaufen von Böenfronten. Und selbst, wenn sie davonlaufen, kanns dann nicht zu neuer Auslöse aufgrund der Windkonvergenz geben oder setzt sich einfach die stabile Luft durch?
    Und rein hypothetisch: Wenn man eine Meso mit Outflow hat, kann dann selbst im Outflow das Gewitter weiterleben, wenn die darüberliegende Luftschicht elevated ins Gewitter gesaugt wird?

    Sry für die vielen Fragen und danke für die Antwort ;)

    Lg

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  4. Die Scherung ist zu gering also darf nichts rotieren. Selten so einen Mist gelesen. Du musst bei solchen Lagen alles anschauen und dir ausmalen was passiert wenn die Gewitter hochgehen. Ein Tower geht hoch, Winde zerren an den Rändern und können auch ohne viel Speed-Scherung Meso indizieren. Anhand der ausscherrenden und sogar einernden Zelle, gibts nur die Möglichkeit eines hochreichenden rotierenden Aufwindturms. Glaub mir, ich hab schon vieler solcher Zellen, visuell beobachten dürfen und jedesmal wars ne ausgeprägte Superzelle. Also Teile, wo sich die Frage, ob ja oder nein gar nicht mehr stellt. Zuletzt, sind auch auf den Spotternaufnahmen, klare Wolkenformationen von einem rotierenden Sturm sehen.

    Beste Grüße, Tobias

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  5. Mir ist die Zelle direkt vor meine hochauflösende Webcam von links nach rechts durchgezogen.
    Die Bilder samt JPG-Player gibts hier (20MB) http://dl.dropbox.com/u/20804706/wx220512.tar Entzippen und index.html aufrufen.
    Schaut Euch´s einfach an, welche Bewegung da drin war.
    Grüße,
    Michael
    dott.at

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  6. Danke für die interessante Analyse, Manfred. "Das Video" untermauert deine These, da die Böenfront und der von dir beschriebene Mechanismus wunderbar zu erkennen ist. Die Rotation im Video stammt meiner Meinung nach von der präfrontalen Warmluftadvektion, welche durch die Wiener Pforte mesoskalig begünstigt wurde. Zudem muss man noch anfügen, dass durch die Fischaugenperspektive die Rotation optisch verstärkt wird. Eine Wallcloud fehlt jedoch bei allen mir bekannten Quellen. Die oberen beiden Fotos von http://www.skywarn.at/forum/viewtopic.php?f=87&t=13357 sehen zwar verdächtig aus, im weiteren Verlauf war die "im vorauseilen behinderte" niedrigere Wolkenbasis eindeutig als Arcus erkennbar. Ich werde nochmals meine Fotos durchforsten um das Wallcloudargument widerlegen zu können.

    Schade dass hier einige User meinen alles zu wissen und einer "neuen" Theorie, auch wenn manch einer vieleicht anderer Meinung sein mag, sofort den "Miststempel" aufdrücken. Ich hoffe alle hier sind der Meinung, dass eine undifferenzierte Denkweise in der Wissenschaft nicht angebracht ist.

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  7. Georg Pistotnik31. Mai 2012 um 00:14

    Hallo Manfred,

    Ich muss dir nach langer Abstinenz wieder einmal sanft widersprechen! ;)

    Dass du 30 kt Deep Layer Shear als zu gering für Superzellen ansiehst, wundert mich. Wenn du außerdem den 18z-Temp statt des kaum repräsentativen (weil vor der bodennahen Winddrehug von SE auf NW erfolgten) 12z-Temps nimmst, kommst du sogar auf fast 50 kt Deep Layer Shear und auch eine brauchbare bodennahe Wind*richtungs*scherung, auch wenn ein richtig schön "bauchiger" Hodograf natürlich noch höhere Windgeschwindigkeiten in 1-2 km Höhe benötigen würde. Laut Bernhard Okers Temp-Analyse-Werkzeug zeigt der 18z-Temp eine "Storm Relative Helicity" von 101 m^2/s^2 für ein "normal" ziehendes Gewitter, die sich für den gegenständlichen Right Mover durchaus auf (grob geschätzt) 150 m^2/s^2 erhöhen kann. Das haut einen nicht vom Sessel, ist aber allemal tauglich für Superzellen. Da sieht man z.B. im Skywarn-Forum jedes Jahr dutzende superzellen-verdächtige Fotos oder Videos unter weit unauffälligeren Rahmenbedingungen.

    Du hast geschrieben: "Insgesamt erfolgte das starke Rechtsausscheren aufgrund des [1.] bodennahen Windprofils [und 2.] Energieverteilung und nicht wegen der Existenz einer Mesozyklone". Rainer stößt in seinem Kommentar ins gleiche Horn: "Die Rotation im Video stammt meiner Meinung nach von der präfrontalen Warmluftadvektion (...)". Ihr beide verwendet die Warmluftadvektion (WLA) und das daraus resultierende bodennahe Windprofil mit der schönen Rechtsdrehung also als Argument gegen eine Superzelle. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass sich die Rotation von Superzellen gerade *wegen* eines solchen Windprofils, und daher auch (indirekt) gerade *wegen* der WLA ausbildet!
    Auch dass die Gewitterzelle in Richtung der enrergiereichsten Luft ausscherte, halte ich für kein Argument gegen eine Superzelle - das macht diese genauso wie eine Multizelle oder eine Sequenz von Einzelzellen. Es ist nunmal ein "angenehmer" Nebeneffekt von WLA, dass der bodennahe Wind aus der Richtung der wärmeren Luft stammt, und daher ein integraler Bestandteil auch für das Rechtsausscherens von Superzellen.
    Und nicht zuletzt muss ich dir in deinem Umkehrschluss ebenfalls nochmals widersprechen: Dass die Böenfront vorausläuft, ist kein Alleinstellungsmerkmal von Multizellen oder Squall Lines, sondern auch Superzellen können outflow-dominiert werden (und folglich eingehen).

    Beim vorliegenden Fall haben wir also ein Gewitter, das sich wie eine Superzelle verhält (starkes und andauerndes Rechtsausscheren), in einer Umgebung die Superzellen ermöglicht. Anders als du schließe ich daraus, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich um eine Superzelle handelte. Falls sie in Wien oder auch schon in Gänserndorf (woraus schließt du das?) outflow-dominiert wurde, ist das kein Widerspruch, sondern passt im Gegenteil perfekt ins Bild - schließlich war auch das markante Rechtsausscheren ab Gänserndorf weitgehend beendet. Auch die zweite Gewitterzelle, die weiter nördlich ins Weinviertel gezogen ist, ist lange Zeit ebenso schön nach rechts ausgeschert und macht eine "zufällige" Bewegung entsprechend unwahrscheinlich.

    Ich nehme an, dass wir - wieder einmal ;) - auf keinen grünen Zweig kommen. Das macht auch nix. Vielleicht können wir uns wenigstens darauf einigen, dass weder du noch ich die passenden Daten haben, unseren jeweiligen Standpunkt zu beweisen (denn das ginge nur mit 3D-Radardaten oder einer lückenlosen Abdeckung durch geschulte Augenzeugen)? Insofern hat mich dein bestimmter Tonfall in einer Sache, in der du dir gar nicht so sicher sein kannst, etwas gestört. Wir müssen uns an Indizien klammern, die ich nunmal anders interpretiere als du.

    viele Grüße aus Bayern,
    Georg

    PS: Was den Kommentar von Tobias angeht, kann ich mich nur Rainer anschließen. Schade, dass er in eine Diskussion, die sachlich und gut sein könnte, ein solches Störfeuer einbringt (dessen Inhalt sich zumindest mir noch dazu nicht erschließt).

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  8. Georg Pistotnik31. Mai 2012 um 01:14

    @Stefan: Wenn ich schon in Fahrt bin, kann ich auch gleich versuchen, deine Fragen zu beantworten... ;)

    Zu (1.):
    Ja, die Bedingungen für Gewitter sind physikalisch gesehen natürlich immer gleich! Gewitter entstehen immer (und genau) dann, wenn eine labile Luftschichtung mit einem ersten Impuls für Aufsteigen, dem sogenannten "Auslösungsmechanismus", zusammentrifft. Ist auch nur eine dieser beiden "Zutaten" nicht vorhanden, passiert nix. Ist die Luftschichtung stabil, dann kann auch das stärkste erzwungene Aufsteigen kein Gewitter erzeugen (auch wenn winterliche Frontgewitter diesbezüglich einen Grenzfall darstellen). Andererseits erzeugt auch die instabilste Luftschichtung alleine noch keine Gewitter, solange es keinen Auslösungsmechanismus gibt.
    In der Praxis sind diese notwendigen Bedingungen über den Gebirgen bzw. angrenzenden Vorländern natürlich oft in unterschiedlicher Ausprägung erfüllt. Wegen des "Volumeneffektes" (geringeres Luftvolumen über gleicher gegebener Grundfläche) erwärmt sich die Luft an einem sommerlichen Tag über den Bergen rascher als über dem Flachland; Thermik und Quellwolkenbildung setzen recht früh ein. Alleine die Aufheizung der bodennahen Luftschichten ist also oft ausreichend für Gewitterbildungen. Physikalisch gesehen wird dabei über den Bergen jegliche Labilitätsenergie (CAPE) nahezu sofort in Quellwolken und Gewitterbildungen umgesetzt, wobei die über den Bergen zusammenströmenden und aufsteigenden Tal- und Hangwinde den Auslösungsmechanismus bereitstellen.
    Über den Vorländern ist hingegen die aufzuheizende Luftsäule von Vornherein tiefer (bzw. das Luftvolumen größer). Dazu kommt dort tagsüber im Allgemeinen noch eine absinkende Luftbewegung, da das Zirkulationsrad aus Tal- und Hangwinden ja wieder geschlossen werden muss. Da Absinken die Luft trockenisentrop (also um 1°C/100m) erwärmt, erzeugt dieses Absinken oft in 1-2 km einen warmen "Deckel", der einerseits Quellwolken- und Gewitterbildungen lange unterdrückt, andererseits aber dadurch den Aufbau besonders großer Labilität ermöglicht. Die Rolle des Auslösungsmechanismus müssen dann andere Phänomene übernehmen - etwa die Böenfronten bestehender oder vergangener Gewitter, Konvergenzlinien, Fronten, etc.
    Insgesamt folgt daraus, dass Gewitter über den Vorländern später und weniger verlässlich erfolgen als über dem Bergland, dafür aber dann oft umso heftiger sind. Das schlägt sich auch daran nieder, dass Unwettererscheinungen wie Hagel und Tornados, die durch große Labilität (also besonders hohe Aufwind-Geschwindigkeiten in Gewittern) begünstigt werden, überwiegend im Alpenvorland und nicht in den Alpen selbst auftreten. In der Literatur hat sich die Unterscheidung zwischen "primären Gewittern" (über den Gebirgen) und "sekundären Gewittern" (über den Gebirgsvorländern) eingebürgert, die ich auch sehr stark unterstütze.
    Ich glaube, im Prinzip hast du eh ungefähr so etwas gemeint, oder?

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    1. Hallo,

      ich finde die theorie sehr interessant, dass über Berge die labilität durch Konvektion sofort abgabaut wird. Immerhin deckt sich das ja mit der realtität. Schwerer Hagel oder gar Tornados sind im Hochgebirge selten. Gibt es denn da Literatur zum nachlesen, oder Studien über die Topograpfie?

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  9. (Fortsetzung)

    Zu (2a):
    Wenn die Böenfront und die "Mutterwolke" in Phase bleiben, also mit annähernd gleicher Geschwindigkeit unterwegs sind, dann bleibt ein Gewitter dauerhaft lebensfähig. Wie schnell die Mutterwolke unterwegs ist, wird in erster Linie vom Höhenwind bestimmt. Wie schnell die Böenfront unterwegs ist, wird von der Stärke des Abwindes einer Gewitterwolke bestimmt, der beim Auftreffen auf die Erdoberfläche in die Waagrechte umgelenkt wird. Die Stärke des Abwindes wiederum ist in erster Linie von der Höhe der Wolkenbasis abhängig; je höher sie ist, desto trockener ist die Luft darunter, desto mehr Niederschlag verdunstet und desto stärker wird der Abwind durch die Verdunstungskälte.
    Wenn die "Mutterwolke" schneller ist als die Böenfront es wäre, dann ist das noch kein Hindernis gegen ein langlebiges Gewitter, da sie die Böenfront (salopp ausgedrückt) mit sich mit zwingt oder immer neu bildet. Häufiger und relevanter ist der umgekehrte Fall, dass die Böenfront vorauseilt, also in Falle einer recht hohen Wolkenbasis und/oder einer recht schwachen Höhenströmung, und der Mutterwolke den Zustrom energiereicher Luft abschneidet.
    Zur Neubildung von Gewittern an einer vorauseilenden Böenfront kann es natürlich trotzdem kommen, wenn die Bedingungen (siehe unter 1.) dafür erfüllt sind - sprich: wenn die Böenfront (die ja selbst einen Auslösungsmechanismus darstellt) auf entsprechend labile Luftmassen trifft.

    Zu (2b):
    Ja! Auch wenn sich in Bodennhe bereits eine kühle Böenfront ausbreitet, kann ein Gewitter noch entkoppelt ("elevated") weiterbestehen, solange in höheren Schichten noch Labilitätsenergie zur Verfügung steht. Insbesondere bei Kaltfronten erlebt man es recht oft, dass Gewitter auch nach dem bodennahen Luftmassenwechsel noch eine Zeitlang fortbestehen oder sich sogar neu bilden. Die Heftigkeit nimmt dann allerdings meist ab, da die Labilität (zumindest tagsüber) üblicherweise vom Boden ausgehend am größten ist und von höheren Luftschichten ausgehend nur noch geringer. Auch die Windscherung, die ja ebenfalls für den Organisationsgrad und die Heftigkeit von Gewittern mitverantwortlich ist, wird natürlich geringer, wenn man einer Gewitterwolke sozusagen den Boden entzieht. ;)

    Ich hoffe, deine Fragen sind damit einigermaßen beantwortet!
    Georg

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Da kenntat ja jeder kumman ...! Dennoch ... Hier ist Platz dafür :) !