Hallo,
nun da das Gros des Schnees im Land unter der Flügeln des Bundesadlers gefallen ist, darf sich auch der Wetterblogger wieder ins Wettergeschehen einmischen. Kurzum gesagt, eine große Überraschung war es seit Sonntag/Montag ja nicht, was sich da über die letzten 36 Stunden im seit mehr als 5 Jahren großteils von Schneemassen verschonten Flach- und Hügelland Ostösterreichs zugetragen hat, es kann zumindest keiner sagen er hätte es nicht gewußt, oder er wäre nicht gewarnt worden.
Zum Einstieg eine kurze historische Betrachtung/Einordnung. Vielerorts hört man, auch von Seiten der Medien oder des staatlichen Wetterdienstes von der Rekordverdächtigkeit der Neuschneemengen (30cm in 24h auf der ehrwürdigen Warte). Das klingt erst mal nicht nach Hölle viel. Gerade in Wien, wo das Wetter in 95% aller auftretenden Fälle relativ fad ist, macht es Sinn, sich die Details der spannenden 5% relativ genau einzuprägen.
Und dann, mit gesunder Erinnerung und nicht nur Daten gesegnet, kommt man drauf, dass die Messtelle der ehrwürdigen Warte vielleicht nicht der ideale Punkt fur historische Betrachtungen ist, vor allem, wenn man etwas über extreme Mengen im bewohnten Stadtgebiet erfahren möchte.
Wenn es in Wien kräftig schneit, dann tun sich Untiefen der regionalen Ausprägung von Schneehöhen auf, die man so erstmal nicht für möglich hält. Ein Beispiel: Zitiert werden gerne die 30cm Neuschnee vom Jänner 2005.
Stimmt, in Döbling waren es 30cm, in Favoriten 25cm. In Rodaun, im Hieb Liesing, waren es aber 80cm Neuschnee in 24h, das ist bildlich dokumentiert. Und da stehen die 30 relativ arm da.
Ungeschlagen von der Auswirkung her bleibt die Periode um den 24.2 1993.
Starker Schneefall über 48 Stunden hinweg haben die Stadt damals wirklich lahmgelegt und diese 2 Tage sind mir als Gymnasiast noch in bleibender Erinnerung. Auf der Südautobahn zwischen Baden und Wiener Neustadt waren Autofahrer über mehr als 24 Stunden hinweg eingeschneit und eingeweht und mussten vom Bundesheer befreit werden.
Bilder von Damals:
Copyright by sunnyfunny (Mehr Details leider unbekannt)
Das erste Foto stammt zweifelsfrei aus Wien, das zweite aus dem schönen Katzelsdorf (Katschelschdorf) nahe Wr. Neustadt.
Weiters reiht sich das gestrige Ereignis ganz gut in die Wiederkehrdauer solcher massiver Ereignisse ein:
Februar 1993, Februar 1999, Jänner 2005, und nun Jänner 2013 waren allesamt recht ähnliche Kaliber, 6 bis 8 Jahre tun sich da als Frequenz über die letzten 20 Jahre auf.
Nun zur Detailbetrachtung....
Verantwortlich war eine Art frei hängender Okklusion an der Nordperfierie eines kräftigen Tiefs über Italien:
und ab Mittwoch Nachmittag / Abend bestand auch in den Lokalmodellen weitgehende Einigkeit mit welchen Wasseräquivalenten man wo als Schnee zu rechnen hatte:
Was dann auch mehr oder weniger so eintraf:
Natürlich gibt es bei der Kombination von Schneefall und Wind arge Probleme mit der Niederschlagsmessung, 100 oder 200% Fehler muss man da je nach Stationsaufstellung schon berücksichtigen, dennoch möchte ich den Blick auf ein paar Details lenken:
Man sieht die größten Mengen, abgesehen vom Hirschenstein im Burgenland (Schneewehen ?) im Bereich zwischen Rekawinkel und Tulln, sowie bei Seibersdorf mit nahezu 30mm Wasseräquivalent, teils deutlich mehr als umgebende Stationen.
Rund um die Rax und den Schneeberg tritt ein Minimum auf, genauso wie im nördlichen Weinviertel. Am Stationspaar Zwerndorf/Gänserndorf sieht man was ein paar km/h mehr Wind in der Niederschlagsmessung bei trockenem Schnee so ausmachen können. Zum Maximum im westlichen Wienerwald. Ist das erklärbar ?
Ja :-)
Schauen wir uns die Windrichtung an:
Im gesamten nördlichen Alpenvorland und im Wienerwaldbereich wehte West- Westnordwestwind, anders als im Weinviertel, wo der Wind aus Nord bis Nordnordost weht. Wie kommt das ?
Hierzu eine Modellkarte:
Die Windverteilung in 1000m Höhe sagt uns, dass der Wind eigentlich von Nordosten nach Südwesten über die Alpen will. Im Bereich der Alpen versperren ihm diese aber den direkten Weg und er muss einen kleinen Schwenker nach Osten gen Wien machen um dann über das Burgenland und Ungarn beschleunigt sein Ziel in der oberen Adria zu erreichen. Gerade wenn die Luft stabil ist, was gestern der Fall war, bildet sich dabei ein so genannter Barrier Jet entlang des Hindernisses aus, mit massiven Folgen. Man sieht im eingekringelten Bereich über dem Winerwald starke Windkonvergenz und damit einen Beitrag zur Hebung und Niederschlagsverstärkung.
Anders im Bereich um die Rax. Warum fiel dort so wenig ? Hier eine Karte des Spreads, also der Differenz zwischen Temperatur und Taupunkt.
Fast überall sieht man 0 oder 1K Spread, nur in Reichenau und Umgebung sind es 2-4K. Hier ist die Luft also deutlich trockener, was logisch ist, da dort mit dem Westnordwestwind die Luft föhnig von den Kalkalpen herabsteigt und den Niederschlag reduziert.
Wie kommt es zur Verstärkung in Seibersdorf ? Nun eben jenes Seibersdorf liegt am Nordwestrand des Leithagebirges, dass die Landschaft dort um immerhin fast 300m überragt. Der Nordwestwind wird gehoben, es schneit stärker....
Soviel dazu.
Das nächste spannende Wetterereignis steht ins Haus, es ist aber eines, das Schneefans hassen werden... der Föhn.
Im Vorfeld eines am Wochenende näher rückenden Tiefs von Spanien bis Deutschland stellt sich in den Alpen teils kräftiger Südföhn ein. In welche Föhntäler der Föhn dabei durchgreift, ist noch unsicher, dennoch zeigen die Prognosen der Lokalmodelle, was temperaturmäßig bei Föhndurchbruch am Sonntag *drin* sein kann:
Spannend wird in dem Zusammenhang auch der Kampf von herumgeführter Warmluft von Ungarn her gegen die Kaltluft im Flachland und nördlichen Alpenvorland... ideale Bedingungen für die Ausbildung eines Vortex Vindobonensis :-).
Wie das am Sonntag im Vertikalprofil aussieht, möchte ich Euch nicht vorenthalten:
-7 am Boden, plus 7 in 1500m Höhe. Ob der Deckel hält oder nicht... dazu vielleicht mehr am Wochenende. Bis dahin lg in den Schnee
Manfred