Die richtige Einleitung zu finden ist manchmal schwierig, angesichts des schon jetzt unfaßbaren Ausmasses der Schäden in Zentraleuropa durch das aktuelle *Jahrhundert*hochwasser. Dennoch muss es möglich sein, auch diese Zustände sachlich-nüchtern, aus meteorologischer Sicht zu beschreiben. Die Tatsache, dass dies nun das 8. große Hochwasser ist
(1991, 1997, 1999, 2002, 2005, 2007, 2009, 2013) an das ich mich dezidiert erinnern kann, zeigt primär einmal auf, dass ich älter werde, andererseits aber auch auf eine fundierte persönliche Erfahrungsbasis im Umgang mit diesen Ereignissen, sowohl analytisch, als auch prognostisch, zurückblicken kann.
2013 begann alles erst einmal mit einer sehr ungünstigen, weil nassen und kalten Vorgeschichte der letzten beiden Maiwochen. Die erste Indikation, dass etwas Großes anrollen würde, gab es mit Modellunterstützung schon sehr früh, nämlich am Samstag vor einer Woche (25.5). Gehen wir aber zum Sonntag vor einer Woche (26.5)...
Und da ist der Übeltäter, der für all das verantwortlich ist, auch schon zu sehen. Es ist das Tief nordwestlich der Britischen Inseln, das auf Südostkurs in Richtung westliches Mittelmeer ist. In seinem Kernbereich transportiert es für die Jahreszeit extrem kalte Luft weit nach Süden.
Montag... der Kern verlagert sich gen Britische Inseln, an dessen Rückseite stößt die hochreichende Kaltuft nach Süden, erkennbar an den zellularen Wolken in diesem Bereich.
Dienstag (der Kaltluftvorstoß erreicht das Mittelmeer)...
Mittwoch... ein weiterer Randtrog stößt über Frankreich nach Süden...
wo sich am Donnerstag ein eigener Höhenkern bildet. An dessen Vorderseite werden labile und warme Luftmassen weit nach Norden bis nach Polen und den Osten Deutschlands geschleudert, teils heftige Gewitter gehen dort nieder. Allmählich beginnen diese Luftmassen aber an der Westflanke des Höhenkernes allmählich gegen die Deutschen Mittelgebirge (Osthälfte) und zunehmend gegen die Alpen zu zwirbeln. Am Ende des Donnerstags kommt es in Oberösterreich und Salzburg (im weiteren konzentriere ich mich auf die Ostalpen, da die Behandlung Deutschlands, der Schweiz und Tschechiens den Rahmen sprengen würde) nach 50 gefallenen Litern zu ersten kleineren Überschwemmungen.
Freitag .. ständig bilden sich an der Ostflanke des Tiefs neue Okklusionsfronten, das Spiel wiederholt sich schon zum 2. Mal.....
Samstag.. eine neue Okklusion, am Vortag noch über der Ukraine drück gegen die westlichen Teile der Alpen. Die 24h Mengen in Vorarlberg überschreiten die 100mm ..
Sonntag.. mit dem Ostwärts-Zug des steuernden Höhentiefs schleift diese Okklusion nun weiter nach Osten über das Tiroler Unterland und Salzburg bis Oberösterreich und ins Mostviertel. Wiederum überschreiten in den genannten Regionen die Mengen die 100mm in 24h.
Zum Montag hin lässt das Forcing nach. Zwar greift eine neue Okklusion aus Nordosten über, jedoch bleiben die Mengen mit dieser unter 20mm.
Das Muster, das ich oben beschrieben habe, reiht sich nahtlos in zweifelhaft-berühmt-berüchtigte Serie der großen zentraleuropäischen Überschwemmungen der letzten 20 Jahre ein. Es ist immer dieses oder ein ähnliches.. Tief aus West bis Nordwest, dringt ins westliche Mittelmeer ein, sammelt Feuchte, verlagert den Kern nach Osteuropa und schwemmt die Gebirge von Norden her an seiner Rückflanke zu. Kein noch so intensives VB Tief hat ein vergleichbares Zerstörungspotential in sich.
Immerhin, weil wir Meteorologen das Muster kennen, war das was sich da vom Himmel kam hat,gut vorhersagbar. Ich habe die ersten Informationen bereits am 25.5 an Kunden gesendet, die Medien wurden am Mittwoch informiert, wo es auch Vorwarnungen gab, die Akutwarnungen wurden am Abend des Mittwochs ausgegeben und dann laufend aktualisiert. Man muss auch von einer auf diese Zeitdauer ausgezeichneten Modellunterstützung, allen voran EZ und GFS sprechen.
Was solche Informationen und Vorhersagen nach sich ziehen sollten (da es ja Stimmen gibt, die meinten, es wären zu spät Warnungen ausgesprochen worden, z.B in SBG), betrifft, da werde ich mich aus gutem Grunde meiner Wortspende enthalten.
Gerade für das Hochwasser an der Donau war das Timing der Regenschübe, nach dem, was ich von Hydrologie verstehe, ungünstig, da zum einen der Regenschwerpunkt mit der sich aufbauenden Donauwelle nach Osten zog und auch die Scheitel der Donauzubringer ungünstig ineinander liefen. Das zeigt auf, dass es neben Regeneintrag und Vorgeschichte sehr viele, wichtige und vor allem von der Natur her andere Einflussfaktoren auf die Spitzen der Wellen gibt.
Summa Summarum war das Ereignis aus meteorologischer Sicht gut und frühzeitig vorhersagbar, und das aus mehreren Gründen:
- Die Großwetterlage zeigte das bekannte und berüchtigte Muster, das erfüllt sein muss
- Es gab großräumige und frühzeitige Einigkeit der wesentlichen Modelle, mit Unterschieden im Wesentlichen nur im Detail (wo werden die relativen Spitzen auftreten)
- Die Lokalmodelle lagen mit akkumulierten Mengen über 300mm in den Spitzen richtig
...was nicht darüber hinwegtäuschen soll, das man gegen viele Dinge, die ein solches Extremereignis mit sich bringt, nichts machen kann, selbst wenn es 3 Wochen im Voraus schon prognostiziert wird. Natürlich gab es auch Unsicherheiten im Detail, z.B wie weit die extremen Regenmengen in Richtung Alpenhauptkamm voran dringen würden. Hier gab es z.B im Tiroler Oberland diesmal sehr große Unterschiede zu 2005, wo die großen Mengen bis an den Hauptkamm reichten, diesmal im Wesentlichen nur den primären Kalkalpenkamm betrafen. Solche Signaturen kristallisieren sich erst im Lauf des Ereignisses heraus.
Abschließend, aus dem Bauch heraus, ist die Häufung dieser Jahrhundertereignisse in den letzten 20 Jahren signifikant und wenn mir noch einmal jemand *blöd* kommt und den Zusammenhang mit steigenden Luft- und Wassertemperaturen ganz oder teilweise in Abrede stellt, riskiert eine Verbalattacke.
Lg
Manfred
Als Anhang diesmal die kompletten Satellitenloops der Entwicklung dieses Tiefs ..
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Als zusatz vielleicht noch diese Grafik der Uni Wien, VERA-Analyse:
AntwortenLöschenhttp://sphotos-a.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-ash3/576667_576223695744923_326439101_n.jpg
Zum Beispiel der Inn hätte somit in Passau 145 statt 120 mmm zu verkraften, nicht unerheblich.
Also haben die fast schon abartigen Neuschneemengen von verbreitet 150 bis 250cm, mancherorts wohl auch um 300 cm nicht nur für Schneefetischisten einen Sinn...
hi
AntwortenLöschendie modelle sind veraltet
datum von mai 2013
please update ... thanks !
ARW 12km fields - frantic
regards
gino
der gino aus der schweiz