Sonntag, 16. November 2014

Zyklogenese .. ein Kind vieler Eltern

Hallo,

noch ist das zentraleuropäische Wettergeschehen eines der Art, das wir im Blog schon zig-fach abgehandelt haben.. so eindrucksvoll und tragisch die Regenfälle .. akkumuliert über die Wetterlagen der letzten 2 Wochen vor allem im SüdLuv der Alpen auch gewesen sein mögen .. so sehr sich so mancher über den mehr oder weniger Dauerföhn Alpennordleeseitig auch gefreut hat und im gleichen Atemzug seien auch die erwähnt die im Nebel des mittleren und erweiterten Ostens dem Novemberfrust aufgesessen sind, so sehr sind es keine Dinge die irgendwie dynamisch überraschen. Zwar könnte sich der Charakter im Bereich von 10 Tagen nun doch endlich hin zu angehaucht winterlichen Anwandlungen biegen, dazu mehr am Ende des Eintrages, aber auch das wird Mitte November niemanden vom Hocker hauen, schon gar nicht einen Blogger der eh für fast nix mehr Zeit hat.


Am mitreißendsten sind dann doch immer die Ereignisse, die einen selbst betreffen ... und wer nix mehr aus Australien wissen will, kann an dieser Stelle die Seite getrost zumachen und aus gegebenem Anlaß möchte ich durachaus auch mit einem globalen Anspruch das Thema der Zyklogenese, also der Bildung und Intensivierung von (außer)tropischen Zyklonen behandeln. Mit einem Nebensatz sei erwähnt, dass Betrachtungen hier im südlichen Indischen Ozean genauso Relevanz für Japan, den östlichen Pazifik, nördlichen und südlichen Atlantik haben, da das Wetter keine Grenzen, sondern nur Physik kennt. Also, mangels einer prächtigen Europäischen Zyklone zerlegen wir halt eine Australische, und zwar diese:


Es handelt sich um eine Zyklone mit Shaprio-Keyser Anwandlungen ....






.. da die Genese in den Wasserdampfbildern zeigt, wie die Sprialform im Wesentlichen dadurch zu Stande kommt, dass ein Keil trockener Stratosphärenluft einen Keil in den mächtigen Wolkenschirm frisst, den die Warmfront an der Vorderseite des Systems aufspannt.

So weit so gut und das sollte mal zur Einleitung reichen. Als kleine Rekapitualtion darf ich noch einmal auf die Grundzüge der außertropischen Zykogensen zu sprechen kommen. Zyklogenese steht im Allgemein dafür, dass die Rotation bzw. die horizontale Zirkulation um ein Gebilde des Interesses zunimmt. Mathemathisch drückt man das als die zeitliche Ableitung eines Ringintegrals aus das...

Genug Klugschei*erei :D. 

Der Satz davor reicht als Übereinkunft vollkommen... man beobachtet bei der Zyklogenese, dass etwas (i.d.R.) ein Tief sicht- und meßbar immer stärker rotiert. Damit verbunden ist auch in der Regel eine Abnahme des oberflächennnahen Luftdruckes im Zentrum dieses Systems. Das ist fürwahr kein Zufall, da solche für das Wetter immanent wichtigen Größen wie...

Konvergenz/Divergenz
Rotation
Zirkulation
Drucktendenz

mit einander in ziemlich festen Beziehungen stehen. Wer das ganz genau verstehen will, muss sich durch min. 4 Jahre Uni quälen. Wichtig ist für uns.... verändert sich das eine (z.B die Rotation), verändern sich andere Parameter (Luftdruck etc. pp) zwangsweise mit, weil es die Physik eben so will.

Man kann bei diesen gekoppelten nichtlinearen partiellen Differentielgleichungen ..


(Großkotz..) 


auch nicht sagen wo genau der Anlaß ist, wer die Henne, wer das Ei ist, alle Felder sind miteinander instantan gekoppelt und Informationen über Änderungen des einen Feldes breiten sich mit Schallgeschwindigekit (also recht rasch) auf alle Gegenden aus... alles geschieht nicht sequentiell sondern quasi instantan und parallel.

Die Energie, aus denen solche Zyklogenesen gespeist werden, und auch das ist eine Rekapitulation kommt aus der Umschichtung von potentieller Energie (Energie der Lage) und ein bisserl latenter Energie (solche die im Wasserdampf gespeichert ist) in kinetische Energie (Bewegung) und innere Energie (wenn man will Wärme), es wird durch eine Zyklogenese umgeschichtet und umgewandelt, in der Art, dass das System am Ende der Zyklogenese in einem ausgeglicheneren Zustand ist als vorher, ohne dass etwas netto an Energie verloren geht.

Für die Außertropischen Zyklonen kommt der Löwenanteil aus Unterschieden in der potentiellen Energie, umgerechnet heißt das durch Temperaturunterschiede auf engem Raum. Sehr kalt neben sehr warm auf einer Druckfläche ist Treibstoff für die Zirkulationsbeschleunigung (im Jargon heißt das Baroklinität, da bei solchen Verhältnissen Druckflächen und Dichteflächen gegeneinander geneigt sind, also inkliniert sind. Im faden Zustand (im barotropen) liegen sie parallell).

Also... große Temperaturunterschiede auf engem Raum führen zu hohen Windgeschwindigkeiten und (über große Druckunterschiede auf engem Raum) zu starken Advektionen und so weiter und so fort und in Summe zu einem starken Anheizen der Zirkulation/Zyklogenese, das kennt jeder vom Lüften des 35° heißen Wohnzimmers an einem kalten Wintertag...


Ganz generalisiert kann man dieses Urprinzip auch auf die Australische Zyklone des Interesses anwenden, doch da gibt es noch mehr zu sagen.

Die besondere Ausprägung von Zyklonen, Australischen wie Europäischen, sowie das tiefere Verständnis des 'warum genau so' kann man manchmal erst greifen, wenn man sich die Landschaft über die so einen Zyklone zieht genauer anschaut. Und bei dieser Zyklone sieht man ....






.. dass die massive , ja sogar sprunghafte Intensivierung erst dann einsetzt, sobald der Kern das Gebirge an der Ostküste überschreitet und auf's offene Meer hinauszieht. Nun sind die Australischen Alpen ein bissl höher als der Wienerwald (immerhin bis an die 2200m) und stellen schon eine massive Barriere in der unteren Atmosphäre dar. Vielleicht klingelt es jetzt schon bei dem einen oder anderen, wir sind beim Thema der Leezyklogenesen angekommen, einer Art von Zyklogenese, die genau so auch im Mittelmeer und vielen anderen Regionen der Welt vorkommt.

Anhand dieser doch eindrucksvollen Leeyklogenese erlaube ich mir das Prinzip der Zirkulationsbeschleunigung im Lee von Gebirgen zu erörtern:

Über das Prinzip der potentiellen Vorticity aber noch viel einfacher durch logisches Denken kommt man darauf, dass die vertikale Ausdehnung einer Luftsäule und ihre Rotation aneinander gekoppelt sind.

Beispiel Erde: Die Erde ist fast kugelrund und dreht sich einmal am Tag um ihre Achse. Käme ein böses überirdisches Wesen auf die Idee die Erde flach wie Laberl (normal zur Drehachse) zu  drücken, würde sie sich viel langsamer drehen. Würde das Wesen die Erde entlang der Drehachse wie eine Zigarre zusammendrücken, hätten wir hingegen extrem kurze Tage... wegen schneller Rotation.

Das Prinzip der potentiellen Vorticity machen sich auch Eiskunstläufer bei Pirouetten zu nutze.. Arme rein/raus entscheiden über die Drehgeschwindigkeit.

Auf die Zyklone gemünzt. Schiebt sie sich von Westen her mühsam die Australischen Alpen hinauf, wird sie vertikal gequetscht, die Rotation nimmt ab. Fällt der Kern dann auf der Ostseite recht abrupt zum Meer runter, erfolgt vertikale Streckung (Zigarre !) und die Rotation nimmt zu. Über die Kopplung mit dem Druck fällt dadurch aber auch der Bodendruck rasch ab, worauf der Bodenwind rasch reagiert und auf einmal starke Advektionen von warmer, feuchter Meeresluft hin zum Kern stattfinden (man sieht das an den obigen Karten sehr gut). An der Rückseite des Kerns strömt aber energiearme und und auch noch föhnig getrocknete Luft nach, wodurch die Baroklinität im Bereich des Kerns aufeinmal enorm ansteigt, da nun sehr energiereiche auf der einen und sehr energiearme auf der anderen Seite um den Kern konzentriert sind. Flugs erfolgt die Entwicklung zu einem Sturmtief innerhalb nur weniger Stunden.


Am Beispiel der äquivalentpotentiellen Temperatur ist die sprunghafte Zunahme der Energiegradienten im Bereich des Kerns gut auszumachen:






So erfolgen überall auf der Welt, wo Gebirge und Meer nur gut zusammenspielen rasche Zyklogenesen an an sich braven und nicht gewalttätigen Systemen, sei es an der Ostküste der USA, sei es am Golf von Genua, oder eben in Ostaustralien, wo man eine Unterart dieser Teile auch East Coast Lows nennt.

Implizit habe ich den Einfluß der Feuchte auch schon erwähnt, würde ich das aber jetzt auch noch detaillieren, wären wir morgen noch nicht fertig....


Wir enden mit Europa:



Momentan dominieren zwei Systeme das Europäische Wettergeschehen: Zum einen das uralte, massive Höhentief mit seinem Kern zwischen Frankreich und dem wieder Vereinigten Königinnenreich  und ganz unaugenscheinlich ein Höhenhoch über Nordskandinavien...... durch das Zusammenspiel der beiden baut sich in den kommenden Tagen allmählich eine Hochdruckbrücke über Nordeuropa auf...




.. die dazu führt, dass zum Einen weiteren Atlantikzyklonen der Vormarsch nach Europa verwehrt wird, womit die ewigen Südlagen einem natürlichen Ende zusteuern. Zum anderen schleicht sich an der Südflanke des Hochs aus Osten (ob wir andere Leihgaben aus Russland derzeit wollen möchte ich bezweifeln ..) immer kältere Luft heran, zumindest bodennah. Die Dynamik mit einem solch schleichenden Wechsel hält sich in Grenzen, es ist aber eine potentielle Vorstufe zu einer möglichen Periode wirklich winterähnlichen Wetters zum Ende des Vorhersagezeitraumes der Modelle. Wichtig: Südwind : baba.

LG

Manfred