Samstag, 27. Dezember 2014

Klassik und Moderne - 2 Prachtzyklonen auf einen Schlag

Hallo,

diverse Seiten ereifern sich dieser Tage um Schneechaos/Nicht Schneechaos ... dem entziehe ich wieder mal (weil ich das kann ;) sondern rolle die aktuelle Wetterlage nüchtern-neutral von oben auf. Und dort von oben, da eröffnen sich ganz andere Blicke und Überlegungen, die über das pure Schneeflockenzählen hinaus gehen.

Ich beginne mit dem Motivationsbild:


Man sieht im guten alten Europa nicht nur eine, sondern 2 extrem gut ausgeprägte Zyklonen. Eine hat ihren Kern momentan über Luxemburg, die andere über dem Schwarzen Meer. Hier sind sie in Form ihres Wasserdampfabdruckes verewigt. In Grün- und Weißtönen erschillern die Frontengirlanden der Systeme, in Gelb sind trockene Einschübe zu sehen.

2 Systeme - zwar gleichen sich Tiefs wie Menschen ja nie bis auf's Haar, aber hier fällt doch gleich irgendwie ein Unterschied in der Form aus....

Ich erläutere, indem ich noch ein bissl mehr hinauszoome:




... die eine, die Rumänin, ist eine Schwammerlkopfzyklone. der mächtige Warmfrontschild bildet eine Linie mit der Okklusion, die Kaltfront hängt im beinahe rechten Winkel von der Warmfron-Okklusionskalition weg. Zwischen Kaltfront und Okklusion liegt der Einschub trockener Höhenluft. Die linke Zyklone (die Luxemburgerin), ja die linke die ist kreis- um nicht zu sagen kugelrund. Die Warmfront ist als indviduelle Front gar nicht mehr auszumachen, vielmehr verbergen sich ihre Reste in dem dicken Wolkenschild an Cirren über Italien. Die Koalition wird diesmal von Okklusion und Kaltfront gebildet, wobei sich die Okklusion im Unterschied zur Rumänin zyklonal um den Kern des System wickelt.


Stammleserinnnen und geneigte Stammleser können vielleicht dem Brei bereits einen Namen geben, um den ich mich schleiche. Offen gesagt:

Links haben wir es mit einer Zyklone zu tun, die den klassischen Erscheinungserwartungen entspricht, wie sie im Rahmen der Polarfronttheorie schon den 20-er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgreich postuliert wurde.

Rechts hat sich eine Shapiro-Keyserin ein Stellsichein über Ostrumänien gegeben. Die Form dieses Typs von Zyklonen wird mit einem alternativen konzeptionellen Modell erklärt, eben dem Modell von Shapiro und Keyser.

Schaun wir es uns in der Entwicklung der relativen Feuchte an:





Wir sehen hier Verteilung der Relativen Feuchte in 500 hPa (ca. 5500m Höhe) im ECMWF bzw. einem darin genesteten Lokalmodell gestern Abend um 19 Uhr.  Über Rumänien liegt eine wellende Front und man sieht schon, wie im Bereich Nordserbiens ein trockenes Zünglein beginnt, Wolkenmasse herauszfräsen. Auch an der Westzyklone dront an der Rückseite trockene Luft ein, der Fräseffekt fehlt aber, weil alles irgendwie mehr oder weniger parallel zueinander orientiert ist. Der trockene Eindringling zieht in diesem Fall mit dem System mit, ohne eine Schneise in die Frontbewölkung zu fressen.




12 Stunden später sind beide Kringel bereits gut entwickelt. Während der Westkringel aber dadurch entstanden ist, dass Wolkenmasse relativ zum ziehenden System nördlich des Kerns nach "hinten" verfrachtet wurde, hat sich beim Ostsystem eine scharfe Zunge trockener Luft weit in die Trogvorderseite hinein vorgefressen. Man beachte, beim Westsystem ist die trockene Luft direkt auf den Trogbereich und die Trogrückseite beschränkt, beim Ostwirbel durchströmt der trockene Einschub den Trog zyklonal.



.. womit wir schlußendlich bei den Formen landen, wie wir sie jetzt am Satbild sehen.

Entscheidend, darüber welches konzeptionelle Modell zur Entstehung und Erklärung der Formen herangezogen werden kann, ist die Jetkonfiguration sowie die Relativströme. Während im klassichen Modell die Dry Intrusion mit dem Trog mitwandert, durchschießt diese beim SHPK Typus den Trog und schneidet eine Kerbe in die trogvorderseitige Bewölkung.

Gut gut... ich darf zum Ende dann noch diese beiden parallel laufenden Entwicklungen im Zeitraffer empfehlen, in solch georgrafischer Nähe und in solcher Makellosigkeit wird das nicht mehr so schnell vorkommen.



Wasserdampf:




IR und Bodendruck:




Damit wünsche ich allen Schneefreunden der Alpenrepublik viel Spaß mit dem Eintreffen des Westwirbels ;)

LG

Manfred